Ferner Osten so nah

Kunst
Ein asiatisches Kunstmuseum mitten auf der grünen Wiese in Radevormwald? Genau. Weil ein findiger Unternehmer sich hier seinen Traum erfüllt hat. Teilen kann ihn jeder.

Wussten Sie, dass Asien mitten auf dem Land in Radevormwald liegt? Glauben Sie nicht? Dann stellen Sie Ihr Auto doch mal auf dem beschaulichen Parkplatz am Sieplenbusch ab, schlendern durch den hübsch angelegten Garten und laufen die paar Schritte hoch bis zum komplett sanierten alten Haus, das früher mal eine Scheune war. Sie glauben es immer noch nicht, richtig? Aber spätestens, wenn Sie durch die Tür gegangen sind, wird es so weit sein: Denn der Radevormwalder Kunsthändler und -sammler Peter Hardt hat sich hier einen Traum erfüllt – ein Museum für asiatische Kunst. Geleitet wird es von seiner Frau Li Hong Hardt. Die Werke hat Hardt über die Jahre bei seinen vielen Reisen zusammengetragen, ein Teil stammt von einem Stifter.

Wer durchs Museum schlendert, taucht ein in eine faszinierende fernöstliche Welt. Das geht übrigens auch beim Museums-Frühstück oder bei der privaten Feier, vom Geburtstag bis zur Hochzeit, die man im Museum veranstalten kann. Im Sommer auch hinterm Haus im wunderschönen chinesischen Garten mit dem riesigen Teich in der Mitte und dem kleinen Amphitheater. Li Hong Hardt pflanzt draußen jedes Frühjahr 2000 Tulpen und Narzissen. Beim chinesischen Mondfest begrüßt sie einmal im Jahr Landsmänner und -frauen aus halb Deutschland.

Wie aber hat die Geschichte dieses kulturellen Kleinods angefangen? Für die Antwort muss man zwar nicht viele hundert Jahre in die Geschichte zurückreisen, wie es im Museum so wunderbar möglich ist, aber doch mehr als vier Jahrzehnte. Denn damals bekam Peter Hardt, gelernter Schriftsetzer und Grafiker, Hans Helfgens Buch „Ich radle um die Welt“ in die Finger. Es ist heute in einer eigenen Vitrine im Museum ausgestellt. Was der kann, das kann ich schon lange, dachte er sich, kaufte zwei Fahrräder und machte sich mit seiner damaligen Frau und 1000 Mark in der Tasche auf den Weg.
27 Jahre alt war er damals, die erste Reise der beiden dauerte dreieinhalb Jahre.

Das junge Paar bereiste die halbe Welt, verbrachte allein anderthalb Jahre in Indien, übernachtete zur Not auch mal im Polizeipräsidium, lernte aber vor allem die asiatische Kultur kennen und lieben. Hardt wollte mehr. Nach seiner Rückkehr kaufte er sich einen alten gebrauchten Postbus, tourte durch Afghanistan in einer Zeit, als das noch gefahrloser möglich war als heute, verkaufte den Bus dort mit Gewinn und erwarb die ersten Antiquitäten und Kunstgegenstände. Die bot er, wieder in Deutschland, auf Flohmärkten an – vom Start weg mit so großem Erfolg, dass Peter Hardt beschloss: „Ich arbeite nie wieder in einer klassischen Firma. Ich mache mein eigenes Ding.“ Er reiste weiter um die Welt, unter anderem auch wieder per Postbus, kaufte Kunst ein und bildete sich autodidaktisch immer weiter fort. Das riesige, selbst gestaltete Museumsregal aus echten Eichenstämmen steht voller Fachbücher. Peter Hardt wurde zu einem der bedeutendsten Kunsthändler Deutschlands und Experten für teure, schöne Kunst, für seltene Werke, insbesondere aus Asien.

Edle Messer, antike Kostbarkeiten aus Tibet, beeindruckende Buddhafiguren aus Nepal und Bhutan, einzigartige Drachenskulpturen … die Liste ließe sich ewig fortsetzen. Zu bestaunen sind die Werke im Museum.

Anfangs war der alte Bauernhof am Rande von Radevormwald nur als Lager gedacht. Doch als ihn ein Kunstsammler aus Süddeutschland ansprach, der einen Großteil seiner eigenen Werke gerne ausstellen lassen wollte, aber kein geeignetes Museum fand, das diese dauerhaft haben wollte, beschloss Peter Hardt: Wir bauen unser eigenes Museum.

15 Jahre dauerte der gesamte Umbau der früheren Scheune, bis die 500 Quadratmeter Fläche so aussahen wie heute. Hardt, der die gesamte Gestaltung selber verantwortete, profitierte nicht nur von seiner Kompetenz als Kunstkenner – es kam auch wieder der Grafiker in ihm durch, der jedes Detail im Blick hatte und immer wieder um die Ecke dachte: Als er im Ruhrgebiet zufällig an einer Kirche vorbeifuhr, die gerade saniert wurde, und beobachtete, wie hochwertige 200 Jahre alte Steinplatten entsorgt werden sollten, ließ er sie zur Seite legen, abholen und verbaute sie als Boden in seinem Museum – und sie passen perfekt. Ebenso wie die vielen Kunstwerke. Einer der Höhepunkte ist ein Sand-Mandala, das tibetische Mönche im Juni letzten Jahres an fünf Tagen in jeweils achtstündiger Arbeit kreiert haben. Es liegt unter einer Glaspyramide, denn ein einziger Windhauch würde es ruinieren. All diese Kostbarkeiten zeigt Peter Hardts heutige Ehefrau Li Hong ihren Gästen. Sie ist als Museumsleiterin genau die Richtige. Nicht nur, weil sie aus Shanghai stammt und per se schon einen Bezug zur asiatischen Kunst hat. Man muss im Bergischen Land wohl lange suchen, um einen so freundlichen Menschen zu treffen wie sie, die sich um jeden Museumsbesucher kümmert.

Die meisten dieser Gäste kommen aus dem Umland. Ganz gleich, ob man nun in Radevormwald, Remscheid, Hückeswagen oder Wermelskirchen wohnt: Ein Besuch im Museum für asiatische Kunst gehört einfach auf die Freizeitagenda. Vielleicht verbindet man ihn auch mit einer der vielen Veranstaltungen, die dort stattfinden, in diesem asiatischen Wunderreich mitten im Bergischen Land.

Ein Artikel aus dem ENGELBERT Remscheid, Ausgabe 10.
Fotos: JUHR Verlag