Worte fürs Glück

Prolog. Das Leben schreibt nie nur eine große Geschichte. Sondern immer gleich mehrere. Das ist bei Elena Böcker auch so. Mit ihrem Start-up Traufräulein ist die Remscheiderin in ganz Europa erfolgreich, weil sie Traureden schreiben und sprechen kann wie nur wenige andere. Weil sie auch eine ganze Hochzeit organisiert, persönlich, anders, unvergesslich. Aber sie ist auch in dunklen Stunden für Menschen da. Wenn sie jemanden verloren haben. Und die richtigen Worte für den Abschied gefunden werden müssen. Auch Trauerreden schreibt Elena Böcker.
All das hat sie aber nicht immer gemacht.

Kapitel 1: Überholspur

Als gelernte Veranstaltungskauffrau und Ausbilderin kann man so einiges machen, zum Beispiel vor der Haustür. Man kann aber auch um die Welt jetten. Was jetzt spaßig klingt, aber vor allem verdammt harte Arbeit in einer Event-Agentur ist. Wie wäre es mit Esel-Polo in Dubai, aber bitteschön so, dass den Eseln das Firmenlogo auf den Hintern gemalt wird? Oder mit 35 gleichen Cabrios für eine Rallye? Die Remscheiderin organisierte Firmenincentives in den besten Hotels und an den ausgefallensten Orten für die Manager, Premiumkunden und Vertriebsgenies großer Unternehmen, die schon so viel gesehen haben, dass Superlative für sie der Normalzustand sind. Elena Böcker hat all das jahrelang gewuppt, hat organisiert, gemanagt, bespaßt … „Und ich wusste irgendwann nicht mehr, ob mein Jetlag nach vorne oder nach hinten losgeht.“

Auch deshalb hat sie eines Tages gesagt: So, jetzt ist gut. Ich kann das nicht mehr. Diesen Druck, diesen Stress, dieses ewige Unterwegssein, schon gar nicht mit einem kleinen Kind. Ja, und jetzt? Noch ehe sie eine klare Antwort auf diese Frage hatte, passierte etwas Schlimmes. Etwas, das ihrem Leben und der Arbeit aber auch eine neue Richtung gab.

Kapitel 2: Alles steht still

„Als meine Mutter bei einem Autounfall starb, habe ich gemerkt, wie wichtig eine schöne Trauer-
zeremonie für den Trauerprozess ist. Für mich ist dieses Thema nicht so negativ besetzt, ich kann den letzten Moment eines Menschen auch schön gestalten.“ Sie selbst konnte sich auf den Tod ihrer Mutter nicht vorbereiten. Musste ihn überwinden. Und sie beschloss, selbst Trauerreden für andere zu schreiben. Heute übernimmt sie als Trauerrednerin oft besondere Fälle. Plötzlicher Kindstod. Suizid. Für viele Menschen unvorstellbar, wie man als Hinterbliebener damit umgeht. Für Elena Böcker nicht: „Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie sich diese Menschen fühlen, und das merken sie auch.“ Viele von ihnen wünschen sich eine individuelle Trauerfeier, bei der Persönliches erzählt wird, die Lieblingslieder des Verstorbenen laufen und bei der auch gelacht werden darf. Wichtig seien Rituale. Das kann das gemeinsame Bemalen des Sarges sein oder ein Luftballon, der auf die Reise geschickt wird. Meist wird die Remscheiderin von Beerdigungsinstituten gebucht, wenn die Klienten keine klassische kirchliche Trauerfeier haben möchten. Es kommt sogar vor, dass Elena Böcker von Menschen angerufen wird, die wissen, dass sie sterben werden und ihr mitteilen möchten, was sie, wenn es so weit ist, in der Rede über sie erzählen soll. „Das ist eine Situation, da musste ich wirklich lernen, wie ich damit umgehe. Man hat ja dann eine ganz andere Bindung zu diesem Menschen, wenn der seine Geschichte selber erzählt.“

Kapitel 3: Ein großes Glück

Geschichten erzählen: Das macht Elena Böcker vor allem für Brautpaare. Sie wollte nach den ganzen Jahren in der Firmen-Eventbranche etwas Persönlicheres machen, erzählt sie. Und macht das mit großem Erfolg, seit sie vor gut zwei Jahren startete: Sie hatte die Weiterbildung zur Hochzeitsplanerin und Rednerin bei der IHK kaum absolviert und ihr Unternehmen gegründet, da kamen die ersten Anfragen. Das „Traufräulein“ ist eine echte Erfolgsstory. „Ich wurde als Gründerin sehr darauf getrimmt, Marketing zu machen. Also machte ich das. Mit meiner Website. Auf Facebook. Ich bin in Brautgruppen unterwegs, antworte auf Fragen, und zwar mit vernünftigen Inhalten. Ich schreibe regelmäßig meinen Hochzeitsblog, antworte spätabends noch auf Postings.“ Ein Aufwand, der sich lohnt: Ende September war Elena Böcker als Hochzeitsrednerin und -planerin für das Jahr 2018 so gut wie ausgebucht.

Ihre Kunden können sie für die Planung der gesamten Hochzeit buchen, von der Locationsuche über die Dekoration bis zur Traurede – oder nur für die Reden selbst. Diese hält sie längst nicht mehr nur in Deutschland: „Dieses Jahr geht es nach Bosnien-Herzegowina, Andalusien, Mallorca und in die Toskana“, kündigt das „Traufräulein“ an. Eine Anfrage für die Malediven gebe es auch. Praktisch, dass die Remscheiderin mit den spanischen Wurzeln und der jahrelangen Eventerfahrung fließend Englisch und Spanisch spricht und mehrsprachige Reden halten kann.

Epilog: Wie es weitergeht

Elena Böcker hat viel erlebt, viel verloren, viel gewonnen.
Es läuft. Und das soll so bleiben. Jetzt schon bietet sie auch reine Planungs-Workshops für Paare an, überlegt, Redenschreiber auszubilden, denen sie ihren ganz eigenen Stil vermitteln möchte – und die dann für sie kreativ werden. „Ja, ich überlege, mich zu vergrößern“, sagt das „Traufräulein“ und lächelt.
Das nächste Kapitel hat sie also schon aufgeschlagen.

www.traufraeulein.de

www.die-trauerrednerin.nrw

Ein Artikel aus dem Engelbert Remscheid, Ausgabe 14

Fotos: Moritz Jansen, Peter Vyge, Böcker, Paul Rockstein, Moritz Jansen, Ago Kranhold