100 Kilo Saatgut fürs Bergische Land

Um die Artenvielfalt auf den heimischen Wiesen zu erhöhen, haben Biologin Pia Kambergs und ihr Team von der Biologischen Station in Solingen eine Saatgutmischung mit regionalen Pflanzenarten entwickelt.

Wer im Bereich Biodiversität arbeitet, braucht einen langen Atem. Denn schnelle Ergebnisse gibt es nicht. Das wird deutlich, wenn man das Projekt „Bergisches Saatgut für Bergische Vielfalt“ betrachtet, das nun nach sechs Jahren Arbeit einen wichtigen Zwischenschritt erreicht hat.

Hintergrund ist die Verarmung des Grünlands im Bergischen Land. „Das passiert vor allem durch starke Düngung, falsche Bewirtschaftung und allgemeine Verbrachung“, sagt Pia Kambergs, Diplom-Biologin bei der Biologischen Station Mittlere Wupper in Solingen, und federführend im Projekt involviert. „Das war der Anlass für uns, etwas ändern zu wollen. Denn durch diese ökologische Verarmung kommt es zu einem geringeren Artenreichtum“, sagt sie.
Das wiederum sei von großer Bedeutung für die gesunde Biodiversität in der Region.

Ariane Kutschke (v. l.), Jens Eichner, Dr. Jan Boomers und Pia Kambergs sind stolz auf die erste bergische Saatgutmischung. ©Christian Beier

Regionales Saatgut – nicht besonders, aber selten

Das Ziel des Projekts ist es nun, das bergische Grünland aufzuwerten. Dies kann eine Art Schneeballeffekt hervorrufen,
denn artenreiche Wiesen bieten Futterpflanzen und Nistmöglichkeiten für viele Insektenarten, die wiederum Nahrungsquelle für weitere Artengruppen wie Vögel oder Fledermäuse sind und damit deren Überleben sichern. „Das Thema Insektensterben ist in den vergangenen Jahren immer dringlicher geworden. Dem wollen wir mit unserem Projekt entgegenwirken“, so Kambergs.

Dafür haben sie eine Saatgutmischung entwickelt, in der 23 Pflanzenarten einer Glatthaferwiese enthalten sind. Und hier kommt wieder der lange Atem ins Spiel.

Sechs Jahre nach den ersten Planungen ist die Saatgutmischung „Rheinisches Bergland“ fertig. Die Herstellung solcher Saatgutmischungen mit jeweils regionalen Pflanzenarten ist an sich nichts Besonderes, allerdings gibt es solche hierzulande kaum. Dabei hat Deutschland 22 Ursprungsregionen, in denen an sich ähnliche Pflanzen mit unterschiedlichen Genpools vorkommen. „Die Pflanzen sind an die regionalen Gegebenheiten angepasst, können also den gleichen Arten angehören – mit kleinen genetischen Unterschieden“, sagt die Diplom-Biologin.

Bestimmte Kriterien müssen erfüllt werden

100 Kilogramm des Saatguts sind nun angekommen und warten auf die Weitergabe und die Aussaat. Damit die heimische Mischung auf die Wiesen kommt, müssen Landwirte selbst kein Geld in die Hand nehmen. Denn das Projekt wurde vom Landschaftsverband Rheinland und der Aufwind GmbH gefördert.

Allerdings müssen Interessierte gewisse Förderkriterien erfüllen – „denn schließlich ist das kein einfacher Spielrasen, sondern hochwertiges Saatgut“, sagt Pia Kambergs. Die Förderkriterien sind online auf der Seite des Landschaftsverbandes zu finden. Wichtig ist, dass nicht eine komplette Wiese neu eingesät werden muss, sondern
etwa 20 Prozent der Fläche in Einsaatstreifen von zehn bis 15 Meter Breite.

Die Flächen sollten zudem eine Größe zwischen 400 Quadratmetern und fünf Hektar haben, können aber in Privatbesitz sein, landwirtschaftlich genutzt werden, Vereinen, Verbänden oder Kommunen gehören. „Wenn
man die Kriterien erfüllt, kommen wir zum persönlichen Gespräch.

Nachdem ein niederschwelliger Antrag gestellt wurde, kommt das Saatgut“, sagt die Diplom-Biologin. Ein wichtiges Kriterium, das man im Kopf behalten sollte, ist die Notwendigkeit der Pflege vor und nach der Aussaat. „Der Boden muss entsprechend vorbereitet werden, um Verunkrautung zu vermeiden. Die Aussaat muss von Hand vorgenommen werden, später muss die Fläche dann regelmäßig gemäht werden. Aber auch hier stehen wir beratend zur Seite“, sagt Pia Kambergs.

Sie freut sich sichtlich, dass die langen Jahre der Vorbereitung nun endlich zu einem Erfolg führen. „Wir wünschen uns, dass wir noch weitere Landwirte zur Produktion des Saatguts gewinnen können“, sagt sie.

INFO
Kontakt
Bei allen Rückfragen rund um die neue Saatgutmischung kann man sich
an Diplom-Biologin Pia Kambergs von der Biologischen Station Mittlere
Wupper wenden:
Telefon 0212 2542730
E-Mail: kambergs@bsmw.de
Förderung
Alle Anforderungen und Bedingungen, um die Saatgutmischung bekommen
zu können, sind auf der Internetseite des Landschaftsverbandes
Rheinland zu finden: www.lvr.de/regiosaatgutfoerderung

Wolfgang Weitzdörfer – ENGELBERT Redaktion