Seit 1983 gibt es in NRW Bürgerbusse, viele davon auch im Bergischen Land. Dahinter steht ein ehrenamtliches Konzept, das auf die lokalen, überwiegend ländlich geprägten Bedürfnisse zugeschnitten ist. Gerade für ältere Bürger bietet es oftmals die Chance, weiterhin am städtischen Leben teilhaben zu können.
Es ist ein Konzept, das schon viele Jahrzehnte erfolgreich unterwegs ist: der Bürgerbus. Die Vorbilder stammen aus Großbritannien und den Niederlanden und sind jeweils in den 1970er Jahren entstanden. Von dort ist die Idee einer kleineren Alternative zum Öffentlichen Personennahverkehr zunächst nach Nordrhein-Westfalen geschwappt, wo 1983 das Projekt „BürgerBus“ des Ministeriums für Landes- und Stadtentwicklung ins Leben gerufen wurde. Die Idee war es, das Bürgerbus-Konzept auf Vereinsbeine und ehrenamtliches Engagement zu stellen: Bürger sollten motiviert werden, Vereine zu gründen und einen ehrenamtlichen ÖPNV in ihrer Stadt oder Gemeinde anzubieten. Die ersten geförderten Projekte gab es damals in Heek/Legden, Heimbach, Emmerich, Vreden und Schalksmühle. Aber auch im Bergischen Land gibt es inzwischen rührige Bürgerbusvereine. Ermöglicht wird das Angebot grundsätzlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern.
In Remscheid ist der Bürgerbusverein im Jahr 2004 gegründet worden – aus der Not heraus, weil die Stadtwerke in den Randbezirken der Stadt Linien aus wirtschaftlichen Gründen einstellen musste. Mit Hilfe einer Landesförderung wurde das Bürgerbusprojekt auf die Beine gestellt. Am 13. Dezember 2004 wurde die erste Tour gefahren – sie verband Clarenbach und die Hasteraue. Die Zahlen der Fahrgäste sind mit Corona – wie überall sonst auch – eingebrochen, erholen sich allerdings zusehends, 2023 waren es in Remscheid rund 8.600 Personen. „Wir sind jetzt wieder auf dem aufsteigenden Ast und decken von der Morsbach bis nach Herbringhausen mit unseren 25 aktiven Fahrern ein großes Gebiet ab“, sagt Hermann Lüttgen aus dem Verein. Insgesamt 65 Schichten werden von Montag bis Samstag gefahren.

In Wermelskirchen wurde bereits im Mai 1999 ein Bürgerbusverein gegründet – mit dem Ziel, die vielen abgelegenen Gebiete anzubinden, da sie nicht von den Nahverkehrsgesellschaften bedient werden können. Es sollte noch zwei weitere Jahre dauern, ehe alle politischen Vorgaben der Landesregierung erfüllt waren. Doch im Februar 2001 wurde zwischen dem Verein und der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) ein entsprechender Vertrag unterzeichnet, so dass ab August 2001 der Betrieb aufgenommen werden konnte. Der Wermelskirchener Bürgerbusverein hat rund 160 Mitglieder mit 35 aktiven Fahrern. Die treffen sich, ganz im Sinne eines aktiven Vereinslebens, jeden ersten Mittwoch zum Erfahrungsaustausch. Bekannt ist der Bürgerbus – ein Kleinbus mit acht Sitzplätzen – auch unter der Nummer 264. Hier werden von Montag bis Freitag außer an Feiertagen 48 Haltestellen bedient, darunter doch eher abgelegen gelegene Bereiche wie Hebbinghausen, Wolfhagen oder Höhrath.
Auch in Hückeswagen gibt es einen Bürgerbusverein, der allerdings ein paar Jahre weniger auf dem Buckel hat. Wie Winfried Boldt sagt, wurde er 2009 gegründet, seine erste Tour ist er dann am 1. Juli 2010 gefahren. Boldt selbst saß viele Jahre hinterm Steuer, ist mittlerweile aber nur noch administrativ im Vorstand aktiv. Aber – wie bei einigen anderen Vereinen – ist es auch in Hückeswagen nicht so, dass der Bürgerbus vollkommen ohne Komplikationen durchs Stadtgebiet rollt. Hat so manch ein Verein eher mit der Überalterung seiner Fahrer zu kämpfen, ist es in der Schlossstadt allerdings umgekehrt: Hier hat man erst kürzlich die Touren an den Bedarf angepasst – und eine der vier nur noch auf Bestellung fahren zu lassen. „Es waren einfach zu wenige Fahrgäste dabei, aufs Jahr betrachtet sparen wir uns 1000 Kilometer an Leerfahrten“, sagt Boldt. Allerdings werden die übrigen drei Touren sehr gut angenommen. „Wir hatten im Jahr 2023 rund 6000 Fahrgäste – das ist ein sehr guter Schnitt, auch wenn man ins Umland blickt“, sagt Boldt zufrieden.

Archivfoto: Weitzdörfer
Bereits seit 1996 gibt es den Bürgerbus-Verein in Wipperfürth. Die Hansestadt hat somit den ersten Bürgerbus im Oberbergischen Kreis. Hier zeigt sich ebenfalls, dass das Konzept ein Erfolgsmodell vor allem auch in ländlich geprägten Regionen ist, in denen es eben nicht alle fünf Minuten einen Bus oder eine Tram gibt, die einen überall hinfährt. Rund 40 Fahrer transportieren die Wipperfürther an die 46 Haltestellen in und um die Stadt – und das auf jährlich etwa 40.000 Kilometern. Bernd Solbach ist noch berufstätig, engagiert sich aber dennoch als Fahrer. „Für mich ist der direkte Kontakt mit den Fahrgästen immer interessant und ein Gewinn“, sagt er. Er erlebe bei seinen Samstags-Touren immer eine sehr unmittelbare Dankbarkeit der Fahrgäste. „Für mich ist es auch besonders das sich-Einbringen in der Stadtgesellschaft, die ich wichtig finde“, ergänzt er.
Ein besonderes Angebot hat man sich indes beim Bürgerbus-Verein Radevormwald ausgedacht. Unter dem Motto „Wer den Lappen abgibt, fährt ein Jahr gratis“ können sich Senioren, die sich hinterm Autosteuer nicht mehr so wohl fühlen, den Führerschein beim Ordnungsamt abgeben und ab diesem Moment ein Jahr lang kostenlos den Bürgerbus nutzen. Dieses Angebot, das der Bürgerbus-Verein seit dem 1. Oktober 2021 in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung anbietet, soll die für Menschen im höheren Alter stets präsente Frage, wie beweglich man in einer Zeit ohne Führerschein ist und sein kann, eine gute und nachhaltige Antwort geben.
Wolfgang Weitzdörfer
Titelbild: Wolfgang Weitzdörfer
