Es muss nicht immer verpackt sein

Auch im Bergischen gibt es immer mehr Geschäfte, die auf Plastikverpackungen verzichten. Engelbert stellt einige Unverpackt-Läden vor.

Irgendwie ist es doch schon ein wenig merkwürdig. In der Obstabteilung von Supermärkten liegen Paprika und Gurken als Biogemüse und sind anders als der Rest eingeschweißt. Nudeln, Müsli und andere Lebensmittel sind auch in Plastik verpackt. Und das manchmal doppelt und dreifach.

Im Krämerladen von Jochen Schmees sucht man Verpackungen vergeblich. ©Benja Weller

Aber es geht auch anders. Das beweist zum Beispiel Jochen Schmees vom Krämerladen Wermelskirchen.
Was nach Tante-Emma-Laden klingt, ist nichts anderes als ein Unverpackt-Laden.

„Bevor ich den Laden eröffnet habe, war ich 15 Jahre in der IT-Branche tätig. Als ich Vater wurde, habe ich darüber nachgedacht, wie man nachhaltiger leben kann“, erzählt Jochen Schmees.

Die Idee zum Unverpackt-Laden war geboren. Als ein Ladenlokal gefunden war, stellte sich die Frage, wie man den Abfall auf das absolute Minimum reduzieren kann. Vor allem bei der Anschaffung der Ware. „Meine Ware bekomme ich in großen Gebinden von zum Beispiel 25 Kilogramm. Die Säcke sind aus Papier“, sagt Schmees. Und das kann man gut recyceln. Über einen Bundesverband für Unverpacktläden informiert sich Jochen Schmees über Händler, bei denen man Ware bestellen kann. „Trotzdem hinterfrage ich jeden meiner Händler, wie er arbeitet“, sagt Schmees.

Nur wer ihn überzeugt, bei dem kauft er ein. In seinem Krämerladen Wermelskirchen an der Kölner Straße 46 sucht man Produkte, die in Plastik verpackt sind, vergebens. Nudeln stehen bei Jochen Schmees zum Beispiel in großen Gläsern. So können sich die Kunden die Menge abpacken, die sie auch wirklich brauchen. Passende Gefäße bringt man am besten von zu Hause mit. Müsli befindet sich im Krämerladen in großen Gefäßen, aus denen es die Kunden in ihre mitgebrachten Dosen rieseln lassen können.

Schaut man sich die Produktpalette an, ist diese riesig. Statt Pauschalpreise wie im Supermarkt zahlen die Kunden von Jochen Schmees nach Gewicht. Auch Deo-Cremes zum Abfüllen und Tagescremes in Pfandgläsern gehören zum Sortiment. „Ich dachte am Anfang selber nicht, dass man so viele Dinge unverpackt einkaufen kann. Das Konzept kommt an. Zu unseren Kunden gehören Jugendliche ab 16 Jahre, Erwachsene bis ins hohe Alter und viele junge Familien“, erzählt Schmees.

Sein Eindruck: Das Bewusstsein für die Umwelt wächst. Für die Zukunft kann er sich einen Lieferservice per Lastenrad vorstellen. Sein Wunsch ist es, dass sich die ganze Region noch nachhaltiger aufstellt.

Kurz vor Beginn der Corona Pandemie hat Melanie Rothe ihren Unverpackt-Laden „Uriginell & Unverpackt“ in Remscheid an der Hindenburgstraße 45 eröffnet. „Als Corona dann richtig losging, dachte ich, dass das mit dem Laden in die Hose geht, weil Kunden wegbleiben“, erzählt sie. Doch das Konzept ging auf. Die Kunden kamen trotz Corona. Melanie Rothe ist Ernährungsberaterin und weiß, wie wichtig gute Nahrungsmittel sind. „Ich habe mich schon länger mit Mikroplastik beschäftigt und möchte es vermeiden“, sagt sie.

Der Unverpackt-Laden von Melanie Rothe bietet neben Lebensmitteln auch ein Bistro an. ©Uriginell & Unverpackt

 

Mit Hilfe der Gründerschmiede fand sie ein Ladenlokal und legte los. Neben unverpackten Produkten wie Müsli, Bananenchips, getrockneten Himbeeren, Nudeln, Reis, Spätzle, Tees, Backzutaten, Reinigungsmittel und vielem anderen mehr bietet ihr Unverpacktladen ein Bistro mit ständig wechselnden Speisen.

„Ich habe rund 200 Produkte im Laden. Im Bistro gibt es die Speisen to go“

, sagt Melanie Rothe. Ausschließlich vegane und vegetarische Gerichte stehen auf der Karte. Das Eis liefert eine Kölner Manufaktur. Im Bistro gibt es unter anderem Bratlinge, Quiche und freitags Burger. Und das nicht nur mittags. „Wenn die Speisen ausverkauft sind, sind sie ausverkauft. Wir bieten immer nur eine bestimmte Menge an, um nichts wegwerfen zu müssen“, sagt Rothe.

Darüber hinaus arbeitet man derzeit an einem Kochbuch und will seinen Kunden damit Möglichkeiten nachhaltiger Zubereitung näherbringen.

In Radevormwald können Umweltbewusste bei „Ausgewogen unverpackt“ an der Blumenstraße 7 einkaufen. Judith Voss und Katja Schöpfl betreiben den Laden. Auch sie haben ein großes Sortiment und bieten zudem einen Lieferservice an. Dafür müssen die Kunden allerdings ihre Gefäße bei ihnen abgeben. Auf ihrer Internetseite bieten die beiden Damen Rezepte an, um Waschmittel, Glasreiniger und Geschirrreiniger selber herzustellen.

In Solingen hat man sich des Problems der To-Go-Becher angenommen. Davon werden laut Umweltbundesamt in Deutschland jedes Jahr rund 2,8 Milliarden verbraucht. Zahlreiche Bäcker und Cafés bieten daher einen „Mehr-Wert-Becher“ für einen Euro Pfandgebühr an, der auch in die Spülmaschine darf.
Die Stadt Solingen vertreibt Mehrweg-Becher mit Solinger Skyline aus Porzellan. Für zehn Euro gibt es sie in den Bürgerbüros an der Kieler Straße und in den Clemens-Galerien sowie im Müllheizkraftwerk an der Kasse.

Christian Lingen – ENGELBERT echt.bergisch – Herbst 2020
Beitragsbild: ©Benja Weller