Der in Solingen aufgewachsene Leon Windscheid hat es weit gebracht, er ist einer der bekanntesten Psychologen in Deutschland. Wie schafft er es, Wissenschaft spannend zu machen?
“Ich hätte mir bis Mitte 40 jedes Jahr 50.000 Euro auszahlen, mich aufs Sofa legen und Netflix schauen können“, das sagte Leon Windscheid der Wochenzeitung (DIE ZEIT) nach seinem Gewinn bei „Wer wird Millionär“. Hätte er das getan, gäbe es diesen Artikel wahrscheinlich nicht und auch das Magazin-Cover sähe anders aus.
Statt für ein Leben auf der Couch entschied sich Windscheid für einen vollen Terminkalender. Und der füllte sich schnell: Nachdem er im Dezember 2015 die Millionen-Frage richtig beantwortete, löste er erst einmal ein Versprechen ein.
Die Millionen Frage:
Aus wie vielen Steinchen besteht der klassische, von Ernö Rubik erfundene Zauberwürfel? Die Antwort: 26
Während seines Psychologie- Studiums in Münster hatte er zwischendurch Partys organisiert, sein großer Traum war ein eigenes Party-Boot – daher auch die Teilnahme bei der Quiz-Show. „Wenn Sie den Kahn Günther nennen, komme ich mit ´ner Flasche Faber Krönung vorbei“, kündigte Jauch damals an.
Beide hielten ihr Versprechen. Das Boot, das Windscheid in Holland kaufte, nannte er MS Günther, im März 2016 erschien Jauch zur Taufe. Bis heute kann die MS Günther als Eventlocation in Münster gemietet werden, darum kümmert sich Windscheid aber nicht mehr allein, sondern um die 40 weitere Mitarbeiter und ein paar Auszubildende.
Ein Leben für die Psychologie
Doch das ist nur ein kleiner Teil der Erfolgsgeschichte. Nachdem er sein Psychologie-Studium in Münster abgeschlossen hatte, promovierte er von 2015 bis 2017 an der Universität Witten in Wirtschaftswissenschaften. In seiner Promotion beschäftige er sich mit Frauen in Führungspositionen, ein Thema, das ihn bis heute begleitet.
Danach veröffentlichte er sein erstes Buch „Das Geheimnis der Psyche – Wie man bei Günther Jauch eine Million
gewinnt und andere Wege, die Nerven zu behalten“. Auf seine drei Folgen „Wer wird Millionär“ hatte er sich mit Tricks aus der Psychologie vorbereitet und sie im Buch zusammengefasst.
Im Herbst 2018 ging er mit seinem ersten Bühnenprogramm auf Tour. Talkshows wurden auf ihn aufmerksam, er gab Interviews in großen Zeitungen und langsam aber sicher wurde sein Name zum Begriff.
Seinen Durchbruch als Autor erlebte er 2021, als er sein Buch „Besser fühlen – eine Reise zur Gelassenheit“ veröffentlichte. Das Buch kletterte in der Spiegel-Bestseller-Liste schnell auf Platz eins. Windscheid beschäftigt sich darin mit Angst, Langeweile, Leidenschaft. Seitdem gilt er als Fachmann für Gefühle.
Wissenschaftskommunikation ist bis heute sein Ding. Er liebt es, Psychologie verständlich aufzubereiten, Vorträge an Unis und Schulen gibt er umsonst – weil ihm etwas daran liegt, Wissen zu teilen. Er wollte eigentlich nie ins Fernsehen und hatte geplant, in die Unternehmensberatung zu gehen. Sein erstes Buch habe er in erster Linie für sich selbst geschrieben.
Das ist vielleicht das Geheimnis seines Erfolgs. Und dass er nie versucht, sein Publikum zu therapieren: “Aber vielleicht ebne ich manchen Menschen den Weg, sich nicht mehr dafür zu schämen. In ganz vielen Köpfen steckt immer noch dieses Stigma von ‚Du musst stark sein!‘, ‚Du darfst keinen Fehlerhaben!‘, sagte er dem Portal Wissenschaftskommunikation in einem Interview. Gerade in Deutschland und als Mann sei eine Therapie in der weiblich geprägten Psychologiewelt immer noch mit Vorurteilen besetzt.
Leon Windscheid auf Tour
Männlichkeit, Weiblichkeit und Geschlechterungleichheiten – das sind Themen, die Windscheid besonders am Herzen liegen. Seit Anfang 2023 ist er Moderator beim ZDF-Format „TerraXplore“ und kann sich in diesen Interessengebieten
austoben. Anfang September startet etwa die ZDF-Reportage-Reihe „Toxische Männlichkeit“, in der er deutlich macht, wie schädlich sie für Männer ist. Sie sterben früher, leben ungesünder, sitzen häufiger im Gefängnis, haben mehr Suchterkrankungen und eine höhere Selbstmordrate als Frauen.
„Zu dem Thema gibt es eine spannende Studie: Wenn man Nonnen und Mönche, die im Kloster einen ähnlichen Lebensstil führen, miteinander vergleicht, wird dieser Unterschied in der Lebenserwartung sehr viel kleiner – Männer und Frauen werden quasi gleich alt. Es kann also nicht an der Biologie des Mannseins liegen, es scheint etwas damit zu tun zu haben, wie wir leben“, sagt er.
Im Oktober startet auf ZDFneo ebenfalls ein neues Format. In „Gute Gefühle“ erklärt er, woher Gefühle kommen und wie man mit ihnen umgeht. Und auch auf Tour hat es ihn wieder verschlagen. Ab Mitte September ist er mit seinem
neuen Live-Programm „Alles Perfekt“ in ganz Deutschland unterwegs.
Seine Shows sind bekannt dafür, witzig zu sein und gleichzeitig zum Nachdenken anzuregen. Ihm gefalle es, Menschen zum Lachen zu bringen. Doch noch viel mehr würden ihm die Momente bedeuten, in denen man im Saal eine Stecknadel fallen hören könne – „dann weiß ich, dass es Klick gemacht hat“, sagt er.
Auftritte
Die Folgen der TerraXplore-Reihe „Toxische Männlichkeit“ gibt es am 15. September sowie 6. Oktober um 18.30 Uhr im ZDF zu sehen oder jederzeit in der ZDF-Mediathek.
„Gute Gefühle“ läuft am 6. Oktober um 22.45 auf ZDFneo und ebenfalls in der Mediathek.
Infos und Tickets für Leon Windscheids neues Live-Programm „Alles Perfekt“ unter leonwindscheid.de
Danina Esau – ENGELBERT Redaktion