Größe zeigen – Ein Besuch der Straußenfarm

Manche sammeln Briefmarken. Andere spielen Golf. Der Wermelskirchener Klaus Stöcker hat ein besonderes Hobby: Er betreibt eine ganze Straußenfarm. Und das auf bespielhafte Weise.

Strauß Alfred hat seine Besuch er genau im Blick. Er versteht da auch keinen Spaß. Schließlich muss er seine Hennen bewachen. Die sitzen ein paar Meter weiter im Sand und brüten. „Das teilen sie sich. Es werden
zuerst so viele Eier gelegt, bis etwa 20 zusammen sind, dann wird abwechselnd gebrütet. Bis die Küken schlüpfen“, erklärt Claudia Sagner, die sich mit zwei Kolleginnen in Emminghausen um die Strauße kümmert und auch Besucher über die Farm führt. Aber Moment: Da, unter dieser feschen Straußendame, sollen 20 riesige Eier liegen? Und ob. Nach ein paar Minuten steht die Henne auf und dreht die Eier mit dem Schnabel, damit sie gleichmäßig bebrütet werden. Faszinierend anzusehen. Und wie riesenhaft diese Straßeneier sind: 25 Hühnereier würden da reinpassen. Und wie viel Platz die kleine Straßenfamilie hat: 3500 Quadratmeter für drei Strauße, die hier separat gehalten werden, damit sie in Ruhe und in freier Natur brüten können. Das gefiederte Trio ist nur ein Beispiel dafür, wie ernsthaft der Wermelskirchener Klaus Stöcker das betreibt, was eigentlich ein Hobby ist: Der Inhaber eines Metallbearbeitungsbetriebes hat den riesigen Hof in Emminghausen im Jahr 2004 von den Eltern gepachtet. Nach intensiver Informationssammlung sowie Sachkundeseminaren und Praktika beschloss er, selber eine solche zu betreiben. Die ersten Tiere kaufte er ein, seit dem Jahr 2014 züchtet er ausschließlich selber. Es werden auch zahlreiche Eier künstlich bebrütet. Das Farm-Team kümmert sich intensiv um die mittlerweile 230 Strauße sowie die fünf imposanten Bisons, die seit kurzem ebenfalls dort leben. Auch mit ihnen ist eine Zucht geplant. Die artgerechte Haltung der Tiere ist dabei immer das A und O. Aber nicht nur das: Regelmäßig finden in Emminghausen Führungen statt. Zum einen, um den Besuchern die Eigenschaften und Lebenswelten der Strauße näher zu bringen. Zum anderen, um ganz offen zu zeigen, wie eine Nutztierfarm in der heutigen Zeit aussehen kann. Ein Teil der Tiere wird gezielt für die spätere Fleischverarbeitung gezüchtet, ein anderer für die Eierproduktion. Im Gegensatz etwa zu den Hühnern werden männliche Straußenküken nach dem Schlüpfen nicht massenhaft geschlachtet. Sie haben es in Emminghausen ziemlich gut. Auch Barney, der Vorzeigestrauß, der mit seinen 26 Jahren schon im Vorruhestand ist, aber sicher noch einige Jahre vor sich hat: Auf Farmen lebende Strauße werden locker 50 bis 70 Jahre alt, ganz frei lebende bis zu 40. Barney zählt zu den Schwarzhalsstraußen und lebt mit zwei Hennen zusammen, die, im Gegensatz zu seinem schwarzen Gefieder, ein dunkelgraues Kleid tragen. Auch sind die Hennen etwas kleiner als die Hähne. Was heißt klein: Die Damen sind knapp zwei Meter groß, die Herren noch mal einen halben Meter größer. Wenn sie sich aufrichten, packen sie noch ein Stück drauf. Wie holt man eigentlich die Eier aus dem Gehege dieser Vogelriesen oder macht mal sauber? „Indem man die Tiere eine Zeitlang ablenkt und sich beeilt“, sagt Claudia Sagner und lacht. Denn gerade während der Balz- oder Brutzeit verstehen die Laufvögel mitunter keinen Spaß. Sie sehen bis zu zwei Kilometer weit scharf und werden bis zu 70 Stundenkilometer schnell. Doch zu Jagdszenen kommt es in Emminghausen nicht, denn Claudia Sagner und ihre Kolleginnen haben ein enormes Gespür für die Tiere, ihre Eigenheiten, ihre Tagesform. Sie sprechen viele der Strauße mit Namen an. Und sie sind geübt darin, das permanente Picken zu ignorieren. Denn Strauße picken ständig. Um zu essen oder um Dinge zu „ertasten“. Bis zu 20.000 Mal am Tag pickt so ein Strauß munter in der Gegend herum, und das zwickt, wenn man als Besucher nicht aufpasst. Interessant auch: Im Magen eines erwachsenen Straußes liegen bis zu anderthalb Kilogramm Kieselsteine, welche die Tiere bewusst beim Futtern aufnehmen, um sich so ein natürliches Mahlwerk anzulegen – denn Kauen können sie nicht. Spannend ist in Emminghausen nicht nur ein Besuch der Farm, sondern auch des Hofladens. Dort gibt es Straußeneier zu kaufen, die ähnlich schmecken wie die der Hühner – gut zu wissen, wenn man Hühnereier nicht verträgt. Wer allerdings nicht gerade die gesamte Nachbarschaft zum Rühreiessen einladen will, sollte dieses portionieren und einfrieren. Was sich aus den Federn und dicken Schalen alles zaubern lässt (wunderschöne Lampen zum Beispiel) kann man dort auch entdecken. Und natürlich gibt es frisches Straußenfleisch. Das Schlachten übernimmt Klaus Stöcker immer selbst und macht es so schonend wie möglich für die Tiere. Zurzeit baut er ein neues Schlachthaus. Es wird in den Medien viel über die Tierhaltung sowie Herstellung und Verzehr von Fleisch & Co. gesprochen. Im Bergischen gibt es wenige Orte, wo sich die Besucher so gut über die Herkunft und Qualität tierischer Produkte informieren können wie in Emminghausen. Dank des Hobbys eines findigen Unternehmers.

Ein Artikel aus dem Engelbert Remscheid, Ausgabe 8. Fotos: JUHR Verlag