Bereits seit 1967 gibt es in Solingen die Behinderten-Heimstätten (BHS), die durch eine private Initiative entstanden sind. Sie verfügen heute über insgesamt sechs Orte, die den Bewohnern eine Perspektive für die Zukunft bieten.
Es ist eine ganz besondere Einrichtung, die seit nunmehr 57 Jahren Menschlichkeit in den Vordergrund stellt. „Die Behinderten-Heimstätten Solingen entstanden 1967 aus dem tiefen Wunsch heraus, den eigenen Kindern mit Beeinträchtigungen eine liebevolle und bedarfsgerechte Lebensperspektive zu bieten.
Es waren engagierte Eltern und Angehörige, die sich damals zusammentaten, um für ihre Kinder eine sichere und förderliche Umgebung zu schaffen – ein Ort, an dem sie so selbstbestimmt wie möglich leben und sich frei entwickeln konnten. Damals gab es nur wenige Angebote, die auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen eingingen”, berichtet Naomi Berkenbusch, die bei den BHS die pädagogische Leitung der ambulanten Dienste innehat.
Die BHS Solingen ist heute Träger von sechs Wohneinrichtungen dieser besonderen Wohnform sowie Anbieter eines ambulant begleitenden Dienstes. Durch diese Angebote werden hier derzeit 124 Menschen mit geistigen und komplexen Behinderungen in Solingen betreut. Davon leben 84 Menschen in einer besonderen Wohnform, und weitere 39 Menschen werden ambulant in ihren eigenen Wohnungen betreut.
Dabei hat sich die Arbeit der BHS im Laufe der Zeit stark verändert: „In den letzten Jahrzehnten hat sich die Behindertenhilfe grundsätzlich stark gewandelt, und diese Entwicklungen haben auch uns als Einrichtung direkt beeinflusst. Früher standen vor allem die Versorgung und Pflege von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund, oft in separaten Einrichtungen und abseits der Gesellschaft.
Doch mit der Einführung und Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich der Fokus stark in Richtung Teilhabe und Inklusion verschoben. Menschen mit Behinderungen sollen heute nicht mehr nur versorgt werden, sondern aktiv und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Das hat unsere Arbeit maßgeblich beeinflusst und unser Leitbild geprägt”, berichtet Naomi Berkenbusch.
Gesellschaft hat nach wie vor Nachholbedarf
Eine der größten Herausforderungen der BHS und ihrer 120 Mitarbeiter ist nach wie vor die Inklusion und Integration von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft. „Trotz vieler Fortschritte und der klaren rechtlichen Vorgaben ist unsere Gesellschaft in der Realität noch längst nicht so inklusiv, wie sie es sein sollte. Menschen mit Behinderungen stoßen immer wieder auf Barrieren – und das nicht nur im physischen Sinne, sondern auch im sozialen Miteinander.
Es fehlt oft an Verständnis und Akzeptanz, was den Alltag unserer betreuten Menschen erschwert. Viele von ihnen wünschen sich ein Leben mitten in der Gesellschaft, sei es im Bereich des Wohnens, Arbeitens oder der Freizeitgestaltung. Doch oft stoßen sie auf Vorurteile oder eine unzureichende Infrastruktur, die ihre Teilhabe stark einschränkt. Eine echte Inklusion erfordert mehr als nur Gesetze; sie setzt eine tiefgehende gesellschaftliche Veränderung voraus“, sagt Naomi Berkenbusch.
Fachkräftemangel ist allgegenwärtig
Zu den Herausforderungen der BHS zählt in Zeiten des Fachkräftemangels auch die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern, um die hohen Standards aufrechterhalten zu können. „Besonders in der Heilerziehungspflege, die für den Bereich der Eingliederungshilfe eine zentrale Rolle spielt, fehlen qualifizierte Mitarbeiterinnen. Die Heilerziehungspflege erfordert eine spezialisierte Ausbildung, die sowohl pflegerische als auch pädagogische und soziale Kompetenzen umfasst“, erklärt die pädagogische Leiterin der ambulanten Dienste.
Die Heilerziehungspflegerinnen der BHS seien Expertinnen, die Menschen mit Behinderungen in ihrem Alltag unterstützen und ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Aufgrund der hohen Anforderungen und der umfangreichen Verantwortung falle es besonders schwer, genügend Fachkräfte für diesen zentralen Bereich zu gewinnen.
Doch auch in anderen wichtigen Berufsgruppen, wie der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege, der Sozialpädagogik und der Erziehung, werde es immer schwerer, qualifiziertes Personal zu finden. „In all diesen Bereichen sind Fachkräfte dringend notwendig, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen, die wir begleiten, gerecht zu werden“, berichtet Naomi Berkenbusch.
BHS – Behinderten-Heimstätte Solingen e.V.
Merscheider Str. 106, 42699 Solingen
0212 33 66 00 – bhs-solingen.de
Stephan Eppinger – ENGELBERT Redaktion