Die Kunst eine Stadt zu beleben

Mit dem City-Art-Project bringt Timm Kronenberg den Menschen die Kunst näher. Er nutzt dafür zum Beispiel leere Ladenlokale in der Innenstadt und erschafft Freizeit-Erlebnisse für jedermann. 

Timm Kronenberg ist ein Künstler anderer Art. Den Pinsel nimmt er, der als junger Mann im Leistungskurs Kunsttheorien büffelte, nicht in die Hand. Musikalisch ist er, wie er selbst sagt, auch nicht gerade gesegnet worden. Die Kunst, die Timm Kronenberg beherrscht, ist eine gänzlich andere. Er ist ein Meister des Netzwerkens. Timm Kronenberg ist ein Kulturmacher. Einer, der Menschen zusammenbringen kann – auch an Orten, die ihren Glanz verloren haben. Zu diesen Orten zählen in Solingen die Clemens-Galerien. Die Mehrzahl der Ladenlokale steht leer, Laufkundschaft verirrt sich nur noch in geringer Zahl in das einstige Top-Einkaufszentrum. Der 58-jährige Solinger hat kein Allheilmittel gegen den Leerstand. Wohl aber weiß er die verwaisten Ladenlokale für sich zu nutzen. Er widmet sie um – zu Bühnen für aufstrebende Künstler, und er bietet sich als deren Manager an. 17 Galerien sind so entstanden, die aktuell von 45 Künstlern belebt werden. „Das ist eine Arbeit, die man nicht bezahlen kann“, sagt Timm Kronenberg. Und nicht immer ist sie einfach. Die Teilnehmenden seien teils „Künstler-Kinder“, die eine führende Hand und Ratschläge brauchen. Daher gibt Timm Kronenberg die Themen für Sonderaktionen ebenso vor wie die Anwesenheitszeiten.

Eine leere Galerie ohne Künstler ist eben auch nur ein Leerstand – bunte Bilder hin oder her. Das Talent zum Netzwerken fehlt vielen, die sich doch wünschen, sich mit ihrer Kunst ein stabiles zweites Standbein zu verschaffen. An einer Hand könne man abzählen, wie viele Künstler in Solingen tatsächlich von ihren Gemälden leben können, so Timm Kronenberg. „Am Ende muss man sich Farben und Pinsel kaufen können. Die meisten aber hassen Auftragsarbeiten“, bekräftigt Hans-Georg Wenke, die rechte Hand Kronenbergs. Ein Gemälde verkauft sich über die Persönlichkeit, die es geschaffen hat. Diese Lektion steht in den Clemens-Galerien als erste an. Timm Kronenberg weiß zu leiten. „Die Künstler, die hier mitmachen, sind tolle Seelen.
Es ist ein Geschenk, sie kennenzulernen“, sagt der City-Art-Project-Initiator, der genau daraus seine Motivation schöpft, mit dem zeitaufwendigen Projekt weiterzumachen. „Es macht Spaß, Kultur zu schaffen.“ 
Nebenbei lernt er Menschen kennen, mit denen er auch in Zukunft zusammenarbeiten könnte, für kommende Veranstaltungen zum Beispiel. Der Solinger verfügt über „eine Bank von Leuten, die immer gerne mitmachen“. Daher waren die 17 Galerien auch zehn Tage, nachdem Timm Kronenberg sie übernommen hatte, bereits mit Leben gefüllt.

Mit Kunst kennt sich Timm Kronenberg aus, auch wenn er selbst eben nicht mit Farben hantiert. „Ich kann gut organisieren und motivieren“, sagt der einstige Eventmanager der Güterhallen. „Das habe ich in der TV-Ablaufregie gelernt. In die Kunst bin ich dann so reingerutscht.“ So war es auch bei Hans-Georg Wenke. Über die Veranstaltung „48 Stunden“ haben sich die beiden kennengelernt. Timm Kronenberg ist das Gesicht in der Öffentlichkeit, Hans-Georg Wenke ist derjenige, der im Hintergrund für einen reibungslosen Ablauf sorgt. So kümmert er sich beispielsweise um die Präsenz in sozialen Netzwerken. Dass ein gewisser Grad an Geschäftssinn nicht verkehrt ist, leugnet Kronenberg nicht. Öffentlich werde er nicht gefördert. Ohne die kleineren Sponsoren ginge vieles nicht. „Kunst ist in Solingen ein Ehrenamt“, sagt der 58-Jährige. Und dennoch: Aus dem City-Art-Project, das auf den ersten Blick viel Zeit, Mühe und Geduld erfordert, erwachsen durchaus Folge-Aufträge für die Initiatoren.

Um mehr Beachtung dafür zu erhalten, zieht Timm Kronenberg Veranstaltungen aller Art in die Clemens-Galerien. Darunter auch das Fest „Leben braucht Vielfalt“ am 16. September. Im Anschluss stehen bereits die Vorbereitungen für die Kulturnacht und „Kunstgenuss 60+“ an, an denen Timm Kronenberg ebenfalls seit mehreren Jahren beteiligt ist. Weitere Ideen schweben Timm Kronenberg schon vor. Das City-Art-Project wird in den Clemens-Galerien derweil bis Ende des Jahres weiterlaufen. Sollte ein Ladenlokal zwischenzeitlich vermietet werden, lässt Kronenberg es innerhalb kürzester Zeit räumen. Wenn nicht, bleibt es länger Teil einer kleinen Kunstmeile.

Ein Artikel aus dem Engelbert Solingen, Ausgabe 24.
Fotos: Andreas Horn, Uli Preuss