Für ein gutes Produkt reicht ein Vokal

Sie sind Anfang 20 und auf dem Weg nach oben: Junge Remscheider bieten mit ihrem Start-up „Smnut“ gesunde
Proteinshakes. Kürzlich gewannen sie damit den Bergpitch.

Mit 22 Jahren schon ein alter Hase? Ja, das geht. Nico Stratemeyer beweist das jeden Tag. Zum Beispiel, wenn er wieder einmal pitcht. Pitchen ist eine Kunst, die nicht jeder beherrscht. Erklär mal einem möglichen Kunden oder Investor deine gesamte Geschäftsidee, deine Strategie, dein Produkt. In ein paar Minuten. Für Nico Stratemeyer kein Problem. Er hat am Berufskolleg Hückeswagen ein duales Abitur mit integrierter Ausbildung absolviert, Strukturvertrieb gemacht und quasi jeden Tag vor einem Publikum Produkte präsentiert. „Mal für fünf, mal für 500 Leute“, erinnert er sich. Im Frühsommer, beim Bergpitch in Solingen, einer Veranstaltung, bei der junge Unternehmer ihre Geschäftsideen präsentieren, saßen um die 150 Leute im Publikum. Die hatte der Remscheider nach acht Minuten so gefesselt, dass er den Pitch gewann – für sein Start-up „Smnut“. Moment: Smn … was? Richtig gelesen, kein Buchstabendreher. Das Unternehmen, das er gemeinsam mit Till Wendler im Jahr 2015 gegründet hat, heißt genau so: Smnut. Es steht für Smartest Nutrition. Wird ja immer komplizierter, finden Sie? Nein, das scheint nur so. Kurz gesagt, es geht um gesunde Nahrungsergänzung in Form von Proteinshakes. Auf eine Weise, wie es sie zuvor noch nicht gab. Denn weil es sie nicht gab, haben die Remscheider sie ja überhaupt erst erfunden. Die eigene Gesundheit spielte dabei eine Hauptrolle, wie Stratemeyer erzählt. „Als ich 17 Jahre alt war, wurde bei mir eine Stoffwechselerkrankung festgestellt. Mein Körper speichert die aufgenommene Nahrung sehr schnell als Fett, aber es ist mir fast unmöglich, dieses in Muskeln umzuwandeln.“ Die Krankheit ist extrem selten und bislang auch nicht heilbar. Was also tun? Ein Produkt finden, das viele Nährwerte bietet, aber zugleich wenig Fett und Kohlehydrate aufweist. Etwas Ähnliches suchte auch Till Wendler, der früher in der A-Jugend-Bundesliga für Bayer Leverkusen Fußball spielte und sich mit gesunder Ernährung befassen musste, seit er sechs war. Die beiden begannen ihre Recherche, befassten sich intensiv mit Vitaminen, Mineralien, Antioxidanzien und stießen neben Früchten, die all das liefern, auf Hanfprotein. „Es deckt sich zu 95 Prozent mit der menschlichen DNA“, erklärt Nico Stratemeyer. Ergo kann der Körper es sehr gut verarbeiten.

Als die beiden mit Robert Küfner, dem ehemaligen Vorstand einer Börsennotierten Gesellschaft, den Mann für Marketing und Finanzen gefunden hatten, war das Gründer-Trio komplett. Es tüftelte monatelang an der richtigen Zusammensetzung für ein neuartiges Proteinshake-Pulver, alles in einem Zwölf-Quadratmeter-Büro in Remscheid. „Wenn ich mich mit meinem Stuhl nach rechts drehte, konnte ich Robert ins Gesicht fassen, auf der anderen Seite Till“, denkt Nico Strate-
meyer zurück. Zu dieser Zeit hatten die drei ihr junges Unternehmen bereits gegründet, das heute Smnut heißt. Ein Zungenbrecher? Ja, aber ein gewollter. „Wenn wir auf Messen sind, müssen die Besucher unseren Namen zehnmal aussprechen, bis sie es richtig hinkriegen. Dadurch prägt er sich ein“, sagt der 22-jährige Jungunternehmer.

Moment mal: Eben noch im Zwölf-Qudratmeter-Büro, jetzt schon auf Messen? Richtig, denn die Erfolgskurve von Smnut zeigt seit einem knappen Jahr steil nach oben. Es scheint eine ganze Menge Menschen zu geben, die genau den Shake gesucht haben, den die Remscheider bieten. Funktional, sehr gesund, voller Nährwerte. Nachdem sie die ersten 350 Tüten des Protein Superfood-Pulvers, damals noch selbst abgefüllt, auf Amazon eingestellt hatten, verkauften diese sich, ohne dass die Unternehmer auch nur einen Cent für Werbung ausgeben mussten. „Unsere Zielgruppe befasst sich intensiv mit diesem Thema und sucht gezielt nach solchen Produkten.“ Es sind Menschen, die damit abnehmen, die es als Ersatz für eine Mahlzeit nutzen oder als Unterstützung ihres Trainings. Die Zeichen standen also auf Expansion, mit Selberabfüllen kamen die drei nicht mehr weit.

Ein Investor musste her, wieder war Pitchen angesagt, in Hamburg wurde man fündig und konnte mit frischem Geld in größere Büroräume samt Lager nach Köln ziehen und die gesamte Produktion outsourcen. Und warum mit Geld aus Hamburg in Köln statt im Bergischen? „Weil wir hier weder Investoren noch Räume gefunden haben. Das ist im Bergischen gar nicht so einfach. Investoren geben gerne Geld für Handwerk, Immobilien, Werkzeugbau, aber wenn man denen mit E-Commerce kommt, also einem Handel, der rein übers Internet funktioniert, fragen die erst mal: Was ist das?“

Smnut vertreibt ausschließlich über seine Website sowie weitere Onlinehändler. Schlanke Logistik, kompromisslose Qualität, lautet das Motto: Das Produkt ist bio-zertifiziert, besteht ausschließlich aus natürlichen Zutaten, kommt ohne künstlichen Geschmackzusatz aus. Das hat seinen Preis: Die Ein-Kilo-Packung reicht nach Beigabe von Mandelmilch für 22 Portionen und kostet 45 Euro. „Wir sind etwas teurer als die Konkurrenz. Aber es gibt in ganz Europa auch kein vergleichbares Produkt, das eine höhere Qualität hat. Es ist eine Nährwertbombe“, sagt Nico Stratemeyer selbstbewusst. Smnut bietet Shakes für jedermann, nicht für Spitzensportler. Und jedermann steht offenbar darauf, denn momentan gehen monatlich 500 Tüten in ganz Deutschland weg. Schon suchen Smnut wieder nach Investoren, auch der Vertrieb soll ausgegliedert werden. Ein spezieller Frühstücksshake sowie ein Shake für unterwegs sind in Vorbereitung. Und wer weiß? Vielleicht findet sich ja im Bergischen Land ein Unternehmer, der versteht, dass es im Jahr 2017 hier noch ein bisschen mehr gibt als Werkzeuge und Immobilien. Kreative, junge Unternehmer, die mit Anfang 20 schon weit gekommen sind. Und doch gerade erst anfangen.

Ein Artikel aus dem Engelbert Remscheid, Ausgabe 12.
Fotos: Leon Sinowenka