Die Problem Löser

Wie kann ich mich digital ausweisen und zum Beispiel Bankgeschäfte noch einfacher online
erledigen? Das fragte sich auch das Team von WebID. Es fand eine  Lösung. Und gründete eines der erfolgreichsten Berliner Startups mit einem Standort in Solingen.

Ein Gedanke stand am Anfang: „Es muss doch einfacher gehen.“ Frank Stefan Jorga befasste sich mit der Frage, wie Banken das Internet noch besser für ihr Geschäft nutzen können. Wie lassen sich zum Beispiel Kredite übers Netz schnell auf den Markt bringen?

Lange Jahre lautete die Antwort: über Umwege. Der Kunde musste vor Vertragsabschluss seine Identität nachweisen, entweder in der Bank selbst oder über das Verfahren PostIdent in einer Deutsche-Post-Filiale. Ebenso ging es ohne eine handschriftliche Unterschrift nicht weiter. „Es ist ein Problem, für das es keine digitale Lösung gab“, sagt Frank Stefan Jorga rückblickend. Der Betriebswirtschaftler und Jurist überlegte und kam schließlich auf die Idee, dass die Identität des Kunden doch über Video-Calls geprüft werden könnte. Er sah große Vorteile auf beiden Seiten: Der Verbraucher kann die Formalität bequem von Zuhause erledigen, die Banken können sich auf eine hohe Sicherheit berufen und schneller agieren.

„Ich habe mir gedacht, der Markt ist reif dafür“, blickt Frank Stefan Jorga zurück. Er fand in Franz Thomas Fürst, Tim-Markus Kaiser und seinem Bruder Sven Jorga die richtigen Partner für seine Geschäftsidee. Das Quartett setzte sie um. Und wie: Das gemeinsame Unternehmen WebID Solutions wurde 2012 mit Hauptsitz in Berlin gegründet. Im August 2013 meldete die WebID den Prozess der Videoidentifizierung als Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt an. Seitdem ging es stetig bergauf. Das Internet bietet den Gründern scheinbar unendliche Wachstumspotenziale: Video-Identifikation wird überall dort eingesetzt, wo die Identität des Verbrauchers bestätigt werden muss. Das betrifft nicht nur Bankgeschäfte, sondern beispielsweise auch das Herunterladen von Filmen ohne Jugendfreigabe, den Abschluss von Versicherungen oder die Registrierung von Prepaidkarten.

Dreh- und Angelpunkt in Sachen Video-Identifikation ist der Standort an der Kieler Straße in Solingen. Von außen mag das Gebäude unscheinbar aussehen, innen aber ist eine Sicherheitstechnik verbaut, die an jüngste James-Bond-Filme erinnert. Echt beeindruckend. Franz Thomas Fürst lacht: „Deswegen heißen unsere Mitarbeitenden auch Agenten.“ Bevor sie an ihren Arbeitsplatz gelangen, müssen sie eine Personenschleuse passieren. Sie bekommen eine Marke und einen Pin-Code, die eingegeben werden müssen. Zunächst aber werden die Mitarbeiter in der Schleuse gewogen. „Das Gewicht wird mit unseren Daten abgeglichen. Wir kontrollieren nicht, ob unsere Mitarbeiter zu- oder abnehmen. Es geht darum, dass sie keine zusätzliche Person mitnehmen“, erklärt Franz Thomas Fürst, der den Firmensitz in Solingen leitet. Im nächsten Schritt muss das Personal die Hand auf einen Venenscanner legen. Das Bild wird auch hier mit den hinterlegten Daten abgeglichen, um die Identität des Mitarbeiters zweifelsfrei festzustellen.

Ganz wichtig: Das Gerät überprüft, dass die Venen auch tatsächlich pulsieren, erläutert Fürst. Zu guter Letzt wird das Personal beim Eintreten in den Sicherheitsbereich von einer HD-Kamera gefilmt. Kurzum: WebID Solutions legt größten Wert auf die Sicherheit.

Das setzt sich auch bei der Video-Identifikation als solches fort. Über einen Videoanruf sprechen die Mitarbeiter mit einem Nutzer, der seine Identität zum Beispiel für einen Vertragsabschluss nachweisen muss.

Genau wird geprüft, dass die Person vor der Kamera auch tatsächlich die ist, die auf dem Ausweis abgebildet ist. Der Personalausweis wird von allen Seiten in die Linse gehalten. So wird beispielsweise das Kippbild mit Porträtfoto und das Gültigkeitsdatum für den WebID-Agenten sichtbar. Die Ergebnisse der Video-Identifikation werden genau dokumentiert und im nächsten Schritt an den Kunden, beispielsweise die Bank, geschickt. In wenigen Minuten ist der Vorgang für den Nutzer bereits erledigt. Das Geniale dabei ist die Effizienz:
430 Mitarbeiter des Unternehmens können täglich im Schnitt über 10 000 Nutzer identifizieren.

 WebID ist eine Erfolgsgeschichte.

Und die Solinger schreiben sie inzwischen fast alleine fort. „Es waren einmal zwölf Unternehmen auf dem Markt. Heute nicht mehr“, sagt Frank Stefan Jorga. Die Online-Identifikation bedeutet viel Aufwand, um Sicherheit und Betrugsabwehr zu gewährleisten. Es brauche hoch qualifiziertes und vor allem eigenes Personal, betont der Gründer. Und ist froh, in der Klingenstadt arbeiten zu dürfen: „Unser Standort in Solingen ist absolut eine Referenz. Ein solches Ident-Center gibt es weltweit nicht noch einmal.“ Auch Franz Thomas Fürst betont: „Die Qualität erbringen wir selbst.“

Die nächsten Kapitel der WebID-Story: Aktuell wird der Markteintritt in den USA vorbereitet. Zwei kleinere Standorte in New York und im Silicon Valley gibt es bereits. Nun geht es darum, die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens zu bewerben. An den Start gehen wollen die Gründer dort mit der zweiten Generation der Video-Identifikation: der WebID AI. „AI“ steht für künstliche Intelligenz. „Mit diesem System können wir vollautomatisch die Nutzer identifizieren. Die Ausweisdokumente werden weltweit zugeordnet“, sagt Frank Stefan Jorga. „Das geht dank künstlicher Intelligenz und Biometrie.“ In Zukunft können die Nutzer ihre Daten auf Dauer hinterlegen, um sich nicht jedes Mal neu überprüfen zu lassen.

Trotz dieser Zukunftsmusik rund um künstliche Intelligenz: WebID setzt auf ihr Personal in Solingen. „Auch in zehn Jahren wird es Video-Identifikation geben“, betont Frank Stefan Jorga. „Ein Mensch kann einen Ausweis besser prüfen als eine Maschine.“

Ein Artikel aus dem ENGELBERT Solingen, Ausgabe 30.
Foto: Christian Beier