Sie und er

INTERVIEW.
Beide selbstständig. Beide oft zusammen. Beruflich.
Privat. Klappt gut. Weil die Remscheider Elena Böcker und
Christoph Imber so etwas wie Rollenbilder nicht kennen.

Elena und Christoph, ihr seid beide Anfang 30. Wie war das Erreichen dieser Zahl für euch? Schwirrte sie euch lange im Kopf herum?

Elena Böcker: „Ich habe damit gekämpft. 30 war für mich ein bisschen so: Jetzt ist man erwachsen. Jetzt muss man erwachsen sein. Seitdem sehe ich auch Falten.“

Christoph Imber: „Ich sehe die nicht. Dieses Gefühl des Erwachsenseins hatte ich auch deutlich eher, weil ich früh wusste, dass ich Unternehmer werden will und zu den Entscheidungen stehen muss, die ich treffe. Ich habe mit 16 das erste Gewerbe angemeldet. Ich finde, bei runden Geburtstagen prüft man sich immer, welche Ziele man hatte und ob man die erreicht hat.“

Elena Böcker: „Vielleicht ist auch das Wort Erwachsensein falsch. Ich sollte besser sagen: Alt!“

Das ist ja relativ. Ihr seid beide in der Gründer- und Start-up-Szene aktiv. Viele Gründer sind schon Mitte vierzig.

Christoph Imber: „Das ist übrigens unsere zweitgrößte Zielgruppe in der Gründerberatung. Die Leute sind später auch meist sehr erfolgreich.“

Elena, spielt es bei dir als Gründerin mit deinem Start-up Traufräulein eine Rolle, dass du eine
Frau bist?

Elena Böcker. „Ja. Mir wird oft von anderen gesagt, wie mutig sie es finden, dass ich mich als Frau selbstständig mache. Ich war damals bei Christoph in der Gründerberatung auch die erste Frau und wurde kürzlich auch als Frau mit Profil ausgezeichnet. Ich habe mich zum Teil aber etwas unwohl gefühlt bei der Auszeichnung. Die anwesenden Sprecherinnen und Politikerinnen haben alle gesagt: Ja, wir müssen die Frauen nach vorne bringen. Und ich dachte: Hier ist nicht mal ein Mann eingeladen, ihr braucht uns das nicht zu sagen! Tragt das doch mal bitte nach außen. Denn eine solche Botschaft ist ja an die Männer gerichtet. Aber ich durfte ja nicht mal meinen Mann mitbringen.“

Christoph Imber: „Und ich wäre wirklich gerne dabei gewesen. Jedenfalls merkt man, dass Frauen als Gründer in der Unterzahl sind. Die Quote liegt bundesweit bei 1:10, das ist auch in Remscheid nicht anders. Das größte Thema ist wohl die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern, was jede Frau vor eine Riesenherausforderung stellt und wo man als Team gut funktionieren muss. Es ist vielleicht ein Klischee – ich glaube aber umgekehrt auch, dass unsere Gründerinnen, wenn sie mit ihrer weiblichen Rolle spielen, das ganz geschickt für ihren Erfolg nutzen, gerade, weil sie oft gut verhandeln können.“

Ihr seid beide selbstständig. Du, Christoph, mit 378meter.de und der ErlebBar. Gibt es bei euch ein klassisches Rollenbild?

Christoph Imber: „Nein, bei uns nicht. Es gibt zum Glück nicht dieses Bild davon, was eine Frau tun muss. Ich erwarte nicht, dass man mir mein Essen pünktlich hinstellt. Und ich würde als Mann glaube ich auch niemals verhungern.“

Gibt es denn in eurer Generation, bei Menschen um die 30, auch Paare, bei denen das noch klassisch läuft?

Christoph Imber: „Ja, klar. Du magst dieses klassische Rollenbild oder nicht. Und danach suchst du dir deinen Partner aus. Ich kann es für mich nicht nachvollziehen.“

Elena Böcker: „Ich kenne viele Frauen in meinem Alter, die total darauf stehen. Die gar nicht arbeiten wollen, sondern ein Kind kriegen, drei Jahre zu Hause bleiben, das zweite Kind kriegen, wieder drei Jahre zu Hause bleiben und so weiter. Klar, ich verbringe auch gern Zeit mit meinem Kind, aber ich arbeite eben auch gerne. Ich habe meinen Sohn auch von Anfang an mit in die Gründerschmiede genommen und so hat er das von Beginn an mitbekommen.“

Christoph Imber: „Man lernt von einem Kind so viel. Wenn ein Kind einen anschaut, das gibt einem so viel. Diese Ehrlichkeit von Kindern. Und wie schade es ist, dass sie irgendwann doch ein stückweit verloren geht.“

Ihr arbeitet Schreibtisch an Schreibtisch und verbringt auch Zeit privat miteinander. Wie organisiert ihr euch?

Christoph Imber: „Wichtig ist glaube ich, dass wir beide selbstständig sind und uns unsere Zeit auch frei einteilen können. Und wir haben immer Verständnis für den Beruf des anderen. Geben uns gegenseitig gutes Feedback. Was auch schon mal wehtut, wo ich aber am nächsten Tag denke: Okay, sie hatte recht. Das ist ein wichtiger Punkt.“

Wie schafft ihr es, dass das Berufliche das Private nicht überlagert?

Elena Böcker: „Christoph hat seine Saison genau verschoben zu mir. Meine mit den Traureden reicht von April bis Oktober, seine mit den vielen Weihnachtsfeiern und Eventtouren von Herbst bis Frühjahr.“

Christoph Imber: „Es gibt Phasen, in denen wir viel über den Beruf reden. Wir versuchen aber immer wieder, etwas Schönes zu erleben, um den Kopf wieder freizukriegen.“

Elena Böcker: „Wir machen zum Beispiel das A-Z Buch. Abwechselnd muss sich jeder ein Erlebnis ausdenken zu dem Buchstaben, der jeweils kommt. Mal zu zweit, aber auch mit Freunden, Kollegen und Lenny. Von einer Segwaytour, über den Besuch eines Tierparks bis zu einem Jazz-Frühstück ist alles dabei. Auch mal nichts machen und nur in den Tag hineinträumen, gemeinsam kreative Ideen entwickeln und bei schöner Musik die Gedanken ziehen lassen.“

Das ist so großartig, das solltet ihr als Buch auf den Markt bringen.

Elena Böcker: „Das haben wir auch überlegt. Zumal man sich dabei auch gegenseitig bewerten muss mit Punkten. Wir fangen jetzt übrigens wieder bei Z an und gehen das Alphabet dann rückwärts durch.“

Zum Abschluss die Klischeefrage. Die muss noch sein. Also: Gibt es bei euch auch so typische Mann/Frau-Verhaltensweisen?

Christoph Imber: „Ja, schon. Mein typisches Telefonat, um etwas abzusprechen, dauert vielleicht 30 Sekunden und hat nicht weniger Inhalt als eines von Elena. Aber sie braucht deutlich länger.“

Elena Böcker: „Und wenn Christoph Hunger hat, sagt er: ,Ich bestelle mir jetzt einen Reimel. Willst du auch einen?‘ Und wenn ich Hunger habe, sage ich alle fünf Minuten: „Christoph, ich habe Hunger! Ich habe Hunger! Und dann fragt er irgendwann: Ja, ist gut! Was willst du denn?“

Ein Artikel aus dem Engelbert Echt.Mann./Echt.Frau.
Foto: Imber