Unter dem Namen „Jan & Jascha“ stehen die Solinger Jan Hauke und Jascha Welzel nicht nur auf der Bühne, sondern komponieren mittlerweile auch für andere Musiker.
Wenn Jascha Welzel im heimischen Wohnzimmer in Solingen-Ohligs am Klavier sitzt, kann es für seine Familie schon mal nervig werden. Denn dann komponiert der Musiker – und spielt die gleichen Tonfolgen immer und immer wieder. Aber wenn das, was er da spielt, etwas taugt, gibt es auch gleich Feedback aus der Küche: „Das klingt gut!“, ruft seine Frau dann. Und das ist ein guter Indikator, denn die Melodien, die Jascha im Moment schreibt, müssen vor allem eingängig und einfach sein – und sollten sich trotzdem abheben vom großen Rest im Schlager.
Das ist das Genre, in dem sich die beiden Freunde Jan Hauke und Jascha Welzel seit einem Jahr tummeln. Angefangen hat alles mit der Solingerin Alisha. Die 30-Jährige will schon lange im Schlagerbereich als Sängerin erfolgreich sein, nur den richtigen Song hatte sie noch nicht. Durch Zufall landete sie beiden beiden Berufsmusikern, die schon lange als Duo im Singer/Songwriter-Bereich unterwegs sind. Und die schrieben
einen Song für sie, als Test.
„Deine braunen Augen“ läuft seitdem in den Schlagerradios rauf und runter – gleich beim ersten Versuch ein Treffer für die Solinger Autoren. Und das merkten schnell auch andere in der Branche. Denn gerade im Schlagerbereich gibt es wenig Sängerinnen und Sänger, die ihre Titel selbst schreiben. Autoren sind dementsprechend gefragt – wenn sie gut sind.
Das scheint bei Jan & Jascha der Fall zu sein, denn ihr Telefon steht nicht mehr still. Täglich kommen mehrere Anfragen von Künstlern, Managern und Produzenten, ob sie nicht einen Song schreiben könnten. Über 100 Songs haben die beiden im vergangenen Jahr geschrieben, und auch viele davon an den Mann und die Frau gebracht.
Wenn Jascha morgens unter der Dusche steht, freut er sich wie ein Schneekönig, wenn bei Radio Paloma oder dem Schlagerparadies wieder ein Song läuft, der aus seiner und Jans Feder stammt.
15-mal am Tag ist das im Moment der Fall, denn gleich mehrere Künstler sind mit ihren Songs im „AirPlay“ – allein Alisha wird viermal gespielt.
Und das macht sich auch bezahlt. Denn Komponist und Texter –
für letzteres ist Jan Hauke mehr verantwortlich – erhalten immer, wenn ein Song im Radio gespielt wird, Geld von der GEMA. Diverse Faktoren bestimmen dann, wie viel am Ende bei den Ausschüttungen rauskommt. Vierteljährlich kommt die Abrechnung ins Haus geflattert. „Das ist immer wie Weihnachten“, sagt Jascha.
Neue Songs zu kreieren, das ist Arbeit
Montags und dienstags wird geschrieben und getextet – mal jeder für sich, mal zusammen. Am Mittwoch ist Produktionstag. Das Lied wird im heimischen Studio bei Jan so aufgenommen, dass es an die Produzenten verschickt werden kann. Der Künstler hört dann ganz schnell, wie der Song am Ende klingt und ob seine Stimme dazu passen würde. Wenn Helene Fischer bekannt gibt, dass sie ein neues Album machen will, kommen 8000 bis 10.000 solcher Song-Vorschläge bei ihr an, aus denen sie dann aussucht.
Wenn man natürlich am Ende mit seinem Lied bei einem solchen Superstar landet, ist die GEMA-Ausschüttung garantiert, aber manche Songs werden eben auch nichts. Deshalb nimmt das Songwriter-Duo aus Solingen inzwischen zumindest eine Aufwandsentschädigung von den Künstlern, wenn sie eine Idee abliefern.
Aktuellste Anfrage: Ein Produzent möchte möglichst schnell ein Duett – auf Deutsch und Italienisch.
Kein Problem, die Solinger liefern ab. Als sie uns das Lied vorspielen, lässt sich schon erahnen: Das könnte wieder ein Hit werden.
Das wichtigste Arbeitsgerät der beiden Songwriter ist übrigens das Handy. Hiermit wird inzwischen fast alles gemacht: Texte aufgeschrieben und vor allem die Töne aufgenommen. Noten aufschreiben ist ein alter Hut, sagt Jascha, man nimmt einfach Klavierspiel und Gesang zusammen auf. Damit können die Profi-Produzenten dann alles weitere im Studio machen.
An Songwriter-Camps teilnehmen, in denen derzeit viele Songs für Pop und Schlager entstehen, wollen Jan und Jascha nicht. Dort werden zig Autoren zusammengewürfelt und sollen kreativ sein. Deshalb gibt es mittlerweile bei vielen Songs weit über zehn Urheber, die sich dann auch die Tantiemen teilen müssen. Jan und Jascha bleiben für sich.
Erstens, weil sie das immer schon gemacht haben und es funktioniert, und zweitens, weil sie dann immer alles nur durch zwei teilen müssen. Das gilt natürlich auch für ihre eigenen Songs.
„Wenn ich alt bin, kann ich was erzählen“ – Jascha Welzel
Das Duo tritt unter dem Namen „Jan & Jascha“ auf. Ihr zweites Album ist kurz vor der Fertigstellung. Wahrscheinlich wird es wieder bei Sony erscheinen, so wie das erste. Allerdings sind die Songs diesmal viel persönlicher geworden, da sind sich beide einig. Reinhören kann man schon bei den Straßenkonzerten der beiden, die immer donnerstags, freitags und samstags in verschiedenen Städten gegeben werden. Da probieren sie sich aus, Fehler werden verziehen, und sie bekommen direktes Feedback. „Das ist klasse“, sagt Jascha, „denn in erster Linie sind wir ja Künstler – und die wollen vor allem spielen und auf der Bühne stehen.“
Ein Jahr lang haben sie für das neue Album komponiert, die Ideen gehen niemals aus. Denn was gibt es Schöneres, als jeden Tag aufzustehen und Songs zu schreiben, sogar solche, die auch andere Künstler haben wollen? „Wenn ich alt bin, kann ich was erzählen“, sagt Jascha Welzel.
Alex Giersberg – Engelbert Redaktion