Ein Raum für Kunstschaffende

In den Solinger Güterhallen-Ateliers können sich Künstler aller Richtungen kreativ austoben. Einige von ihnen leben in dem ehemaligen Hauptbahnhof.

Atelier „Pest-Projekt“ des
verstorbenen Ideengebers Peter Amann. Seine Witwe wohnt noch dort. ©Wolfgang Weitzdörfer

Wer schon ein paar Jahre länger auf der Welt ist, wird vermutlich noch den alten Güterbahnhof kennen. Dass hier heute
14 Ateliers untergebracht sind, in denen Künstlerinnen und Künstler eine enorme Bandbreite unterschiedlicher Kunst präsentieren, ist einem Mann und seiner Idee zu verdanken. Peter Amann kann die Geschichte leider nicht mehr selbst erzählen, er ist im Vorjahr verstorben. „Peters großer Traum war es, einen Raum für Künstler zu schaffen“, sagt Janine Werner, Vorsitzende des Vereins. Bea Kahl, die zweite Vorsitzende und gelernte Hutmacherin, ergänzt: „Die Güterhallen waren bis zur Regionale 2006 so eine Art ‚Lost Place‘, ziemlich heruntergekommen – aber Peter hat das Potenzial erkannt.“

Das ist jetzt bald 20 Jahre her. Seitdem hat sich viel getan. „Wir gehörten beide nicht zu den Gründungsmitgliedern, ich bin seit 2012 dabei, Bea seit November 2013“, sagt Janine Werner. Bea Kahl erinnert sich dennoch zurück. „Als es 2006 hier losging, quasi die Gründungsveranstaltung der Güterhallen, waren hier nur leere Räume, die wie eine Art
leere Leinwand für die Künstler zur Verfügung standen“, sagt sie. Peter Amann, der das Atelier „Pest-Projekt“ mit skurrilen Möbeln und Einrichtungsgegenständen aus Holz geführt hat, sei bis zu seinem Tod mit vielen Ideen und Vorstellungen in den Güterhallen präsent gewesen. „Er war mit Herzblut dabei“, sagen beide Künstlerinnen.

Auch als Wohnraum nutzbar

In den vergangenen Jahren wurden die einst leeren Hallen mit Leben gefüllt, die Leinwände bemalt. Wie etwa in Bea
Kahls Atelier „Behauptungen“. Dort hängen nicht nur die Meister-Urkunden der Handwerkskammer Aachen an der
Wand, sondern auch unter schiedliche Hüte und Kopfbedeckungen. „Manche der Künstlerinnen oder Künstler wohnen auch hier, aber ich habe hier nur mein Atelier untergebracht“, sagt Bea Kahl. Malerin Janine Werner lebt in ihrem Atelier, das sie „AndersARTig“ genannt hat. Aktuell hat sie einen Bereich als Ausstellungsfläche für die befreundete Künstlerin Claudia Sedler zur Verfügung gestellt.

Die Ausstellung heißt „Hinter dem Spiegel“, sie wird noch bis nach den Sommerferien hier zu sehen sein. Claudia ist Maskenbildnerin, Kostümschneiderin, Bühnenbildnerin und Theaterpädagogin aus Leverkusen. Die gezeigten Werke
sind ganz klein oder auch so groß wie ein Mensch – und vor allem Heavy-Metal-Fans dürfte das eine oder andere Objekt bekannt sein. „Claudia arbeitet zum Beispiel für die fränkische Spaß-Metal-Band JBO oder auch für die PowerMetal-Band Orden Ogan aus Arnsberg. Eine der hier ausgestellten Skulpturen wurde in einem Video verwendet“, sagt Janine Werner.

©Wolfgang Weitzdörfer

Nicht nur klassische Kunstschaffende nutzen die Güterhallen. „Wir haben hier einen Rahmenkünstler, die Artothek, in der man Kunstwerke entleihen kann, Schreiner, Bildhauer, Grafiker und diverse Zusammenschlüsse von Künstlern, die in unterschiedlichen Gemeinschaftsateliers arbeiten. Außerdem gibt es noch das Museum ‚Plagiarius‘“, zählt Bea Kahl auf. Janina Werner bietet zudem Kurse für Kinder und Erwachsene an. „Petra Krötzsch, die im Verein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, hat über die Solinger Gerd-Kaimer-Stiftung ein Förderprojekt ans Land gezogen. Damit soll es in diesem und im nächsten Jahr verschiedene Workshops für Familien geben, die nicht auf der Sonnenseite stehen“, sagt Janina Werner.

Und nicht zuletzt ist es die Gemeinschaft, die unter den Künstlerinnen und Künstlern herrscht, die das Leben und Arbeiten in den Güterhallen so besonders macht. „Im Winter ist es wesentlich ruhiger, aber sonst ist hier sehr viel Begegnung. Im künstlerisch-beruflichen genauso wie im privaten Bereich“, sagt Janine Werner.

Öffnungszeiten
Die Ateliers in den Güterhallen sind grundsätzlich jeden Sonntag in der Zeit von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Einzelne Ateliers haben unterschiedliche Öffnungszeiten, diese sind online einsehbar. Dazu gibt es Veranstaltungen wie das Güterhallenfest im Mai und die Lichternacht im September.
Regelmäßig finden auch die Sommer-Picknick-Events statt, mit jeweils unterschiedlichen Veranstaltungen zwischen Mai und August. Am Sonntag, 18. Juni, wird um 15 Uhr ein Klezmer-Konzert mit der Band „Tangoyim“ veranstaltet.
www.gueterhallen360.de

Wolfgang Weitzdörfer – ENGELBERT Redaktion