Hautarztbehandlung per App

Im Jahr 2019 gründeten vier Ärzte das Düsseldorfer Hautarzt-Start-up Dermanostic. Die Idee: Erstdiagnose per App. Im August 2023 eröffnete das Unternehmen die erste hybride Praxis in Solingen.

Viele Hautärzte werden das Szenario kennen: Bekannte schicken Fotos vom Hautausschlag über Whatsapp und fragen nach einer Diagnose. So ging es auch den befreundeten Ehepaaren Dr. Estefanía Lang und Patrick Lang sowie Dr. Alice Martin und Dr. Ole Martin. „Wir konnten fast immer helfen. Das ist der Vorteil der Dermatologie, die Diagnose funktioniert auch mit einem Foto“, sagt Estefanía Lang. So ist 2019 die Idee zu Dermanostic entstanden.

Die digitale Diagnose hat viele Vorteile: Statt monatelang auf einen Hautarzttermin zu warten, können Patienten ein Foto ihres Hautproblems hochladen. Ein Team aus zwölf Ärztinnen und Ärzten stellt dann innerhalb von 24 Stunden eine Erstdiagnose. Die Trefferquote ist hoch: „Neun von zehn Patienten werden vollständig digital bei uns behandelt“,
sagt Lang. Falls sich eine Hautveränderung doch einmal nicht per Blick diagnostizieren lässt oder der Verdacht auf Hautkrebs vorliegt, raten die Ärzte zu einem Besuch in einer Praxis. „Bei einer solchen Verdachtsdiagnose bieten wir unseren Patientinnen und Patienten einen Anruf an, in dem wir ihnen genau erklären, worum es geht. Zudem erhalten sie einen ausführlichen Arztbrief mit einer präzisen Beschreibung der Erkrankung“, erklärt Lang.

Praxis im ehemaligen Amtsgericht

©Dermanostic

Mit ihrer Idee haben die vier Ärzte den Zeitgeist eingefangen. Das Angebot verbreitete sich schnell, hauptsächlich per Mundpropaganda. Innerhalb kürzester Zeit hatten sich mehrere Tausend Patienten registriert. Auch für das Ärzte-Team habe das digitale und asynchrone Arbeiten immense Vorteile: „Sie können sich ihre Zeiten frei einteilen“, sagt Lang. Das Team bestehe hauptsächlich aus jungen Müttern, die ihren Alltag durch die starren Arbeitszeiten in Arztpraxen nicht bewältigen können. Mit ihrer Praxis in Solingen, die am 26. August im ehemaligen Amtsgericht an der Merscheider Straße 1 eingeweiht wurde, ist das Start-up nun den nächsten Schritt gegangen. Das sei wichtig für das Vertrauen, so Lang, denn gerade bei digitalen Angeboten sei das Misstrauen oft noch groß. Dass sich das in Düsseldorf gegründete Start-up für Solingen entschied, habe an den wenigen verfügbaren Kassensitzen in der Landeshauptstadt gelegen. In Solingen habe es dann geklappt. Ihre Entscheidung bereuen sie nicht: „Wir fühlen uns sehr wohl in diesem heilenden Haus“, erklärt Lang.

Eine ärztliche Behandlung per App kostet derzeit 25 Euro. Die Kosten werden inzwischen sogar von einigen gesetzlichen und sämtlichen privaten Krankenkassen übernommen. „Die Kosten für unsere Behandlungen sind ein Spagat. Auf der einen Seite müssen wir möglichst wirtschaftlich arbeiten, auf der anderen Seite möchten wir die Hemmschwelle für eine Behandlung möglichst niedrig halten“, erklärt die Ärztin und Unternehmerin. Aus diesem Grund hofft man bei Dermanostic, zukünftig weitere gesetzliche Krankenkassen davon überzeugen zu können, die Onlinebehandlungen für ihre Versicherten zu bezahlen.

Neben dem Mehrwert für Patienten – übrigens längst generationsübergreifend, hat doch der älteste Patient das 100. Lebensjahr überschritten und lässt sich von seinen Enkelkindern beim Umgang mit der App helfen – bietet Dermanostic auch einen Mehrwert für die Gesellschaft. Da Ärzte täglich etwa 200 bis 300 Patienten sehen, fallen dabei natürlich neue Erkrankungen besonders schnell auf. Estefanía Lang nennt hier als Beispiel die Affenpocken, die sie und ihre Kollegen als Erstes gesehen und den entsprechenden Verdacht den Behörden gemeldet hätten.

ENGELBERT Redaktion – Beate Werthschulte und Danina Esau