Die Kunst des Kämpfens

Kampfsport wird immer beliebter. Ein Pionier im Bergischen Land ist das Kampfkunstzentrum Remscheid. Gründer Gerd Lehmann verrät, warum sein Zentrum die Kunst im Namen trägt und weshalb der Typ Straßenkämpfer in seiner Schule fehl am Platz ist.

Gerd Lehmann ist Inhaber des
Kampfkunstzentrums ©Roland Keusch

Gerd Lehmann liebt den Kampfsport – und das schon seit den 70er- Jahren. „Ich war 16, als ich mit Taekwondo anfing“, erzählt der heutige Geschäftsführer vom Kampfkunstzentrum Remscheid, das zu den Pionieren im Bergischen Land zählt. Denn Lehmann genügte es schon damals nicht, aktiver Kampfsportler zu sein. „Ich wollte die Do-Sportarten selbst unterrichten.“ 1989 war es dann so weit: Lehmann, der ursprünglich aus dem Ruhrgebiet stammt, hatte sich in der früheren Bäckerei seines Bruders in Hückeswagen genügend Geld erarbeitet, um in der Remscheider Straße eine Schule zu eröffnen. Weil die Schule stetig wuchs, folgten mehrere Umzüge.

Bis sich 2015 am Markt 10 in einem ehemaligen Kino die idealen Räumlichkeiten fanden, die allen Anforderungen gerecht wurden. Was das heißt, lässt bereits die Mitgliederzahl von inzwischen mehreren Hundert Männern, Frauen und Kindern aller Altersklassen erahnen: Lehmann gelang es mit den Jahren, zusammen mit einem Instruktoren-Team aus inzwischen einem Dutzend Traine-rinnen und Trainern, die ganze Bandbreite an Kampfsportarten abzudecken. „Das beinhaltet neben den Do-Sportarten unter anderem auch Kurse wie Kick-Thai-Boxing, Kampfkunst Ü40 oder Girls Only“, erklärt Lehmann, der sich die Geschäftsleitung mittlerweile mit seiner koreanisch-stämmigen Partnerin Hye-Young Rohlf teilt.

Kampfsport steigert motorische Fähigkeiten

Das ist auch dringend nötig. Denn neben den fast 1000 Quadratmetern Trainingsfläche inklusive Boxring am Markt existiert seit 2015 ein weiterer Standort in Lennep. Dort, in der Kölner Straße 108, trainieren vor allem Mitglieder, die auch an Wettkämpfen teilnehmen, erzählt Lehmann und bedauert, dass in seiner Schule heute nur noch rund ein Drittel der Sportler zu Wettkämpfen fährt. „In den Neunzigern waren es noch zwei Drittel“, sagt er und bemängelt insgesamt den Trend zu weniger Leistungsbereitschaft im Sport. „Das zeigt sich doch schon an den Grundschulen und weiterführenden Schulen, wo nicht nur im Schulsport immer weniger gefordert wird, sondern auch die Bundesjugendspiele so gut wie abgeschafft wurden.“ In der Kampfsport-Community verstehe man so etwas nicht – auch wenn man in gewisser Weise davon profitiere: „Viele Kinder und Jugendliche beginnen mit Kampfsport, weil sie die Herausforderung suchen und sich messen wollen.“ Diese Kinder und Jugendlichen seien in seiner vielfach ausgezeichneten Schule sehr willkommen, „ebenso die ganz Kleinen ab drei oder vier Jahren, deren Eltern zu Recht annehmen, dass ihre Kids durch Kampfsport alle motorischen Fähigkeiten deutlich steigern können“.

Hye-Young Rohlf bringt den Kindern die richtige Technik bei. ©Roland Keusch

Sieg steht nicht an erster Stelle

©Roland Keusch

Überhaupt nicht erwünscht sei hingegen der Typ Straßenkämpfer: „Dieser potenzielle Kunde kommt, um sich die Handschuhe anzuziehen und gleich loszuschlagen. Technik und die Philosophie der Kampfsportart sind ihm egal.“ Immerhin heiße seine Schule nicht umsonst Kampfkunstzentrum: „Während es beim Kampfsport hauptsächlich darum geht, den Gegner zu besiegen, verfolgt die Kampfkunst vorrangig das Ziel, die eigene Leistungsfähigkeit und Konstitution zu verbessern sowie sich selbst zu überwinden.“

Was das bedeutet, sei individuell: Manche Menschen wollen lernen, körperliche Nähe zuzulassen. Andere möchten Alltagsängste in den Griff bekommen oder an ihrer mentalen oder körperlichen Fitness arbeiten. Bei Kindern gebe es zudem den tollen Nebeneffekt, „dass die Do-Sportarten die Konzentrationsfähigkeit steigern und Studien eindeutig belegen, dass sie in der Schule bessere Noten erzielen“.

Fast 1000 Quadratmeter Fläche stehen zum Trainieren zur Verfügung. ©Roland Keusch

ENGELBERT Redaktion – Melanie Aprin