Für „Benzingespräche“ ins Bergische

Unsere Region ist ein Mekka für Motorradfahrer aus dem Rheinland, Ruhrgebiet und sogar den Niederlanden.
Neben den reizvollen Strecken sind es die Motorradtreffs, die so beliebt sind und für einen geselligen Austausch sorgen. Dort tauscht man sich aus, fachsimpelt über das gemeinsame Hobby und genießt dabei ein alkoholfreies Getränk.

Wenn der Kölner Ulf Küster vom Bergischen Land berichtet, kommt der erfahrene Motorradfahrer schnell
ins Schwärmen: „Das ist eine wunderbare und überschaubare Gegend für Biker. Man kann sich hier nicht verfahren, fast überall weisen Verkehrsschilder den Rückweg nach Köln. Und man kann Touren ins Bergische perfekt mit Ausflügen in den Westerwald oder ins Sauerland kombinieren“, sagt Küster, der im Internet einen digitalen Reiseführer für Motorradfahrer betreibt. „Mit der Toscana hat 2005 alles angefangen. Dann haben wir das Angebot auf Europa erweitert, aber auch heimische Gebiete wie das Bergische Land kommen nicht zu kurz. Bei uns erfährt man alles zu Touren, Bikertreffs, Hotels und Highlights an der Strecke.”

“Die Landschaft bietet mehr offene Flächen und Ausblicke als zum Beispiel das Sauerland. Es gibt schöne Dörfer und auch kleine, ruhige Strecken, die nicht so überlaufen sind…”

Ulf Küster, Motorradfahrer aus Leidenschaft

Gefragt, was ihn am Bergischen reizt, antwortet der Biker aus der Domstadt: „Die Landschaft bietet mehr offene Flächen und Ausblicke als zum Beispiel das Sauerland. Es gibt schöne Dörfer und auch kleine, ruhige Strecken, die nicht so überlaufen sind, wie beispielsweise die Kurven von Altenberg. Dazu kommen schöne Einkehrmöglichkeiten und Bikertreffs wie das Landhaus Fuchs oder Hähnchen Ewald in Kürten. Auch beim Café Hubraum in Solingen trifft man immer viele Bekannte. Da bin ich auch schon mal gerne morgens am Heiligabend“, erklärt Küster.

Motorradtreffs sind für ihn wichtige Orte: „Da trifft man Bekannte, kann sich andere Motorräder anschauen und gute Benzingespräche führen. Besonders schön ist die Strecke zum Landgasthof Fuchs, den man über kleine
Sträßchen erreichen kann. Der Landgasthof ist urig, und draußen gibt es viel Platz“, sagt Küster, dessen Hausstrecke von Köln nach Kürten und von dort weiter nach Lindlar führt. „Schön ist auch die Strecke von Overath über Much und Ruppichteroth nach Windeck.“

Motorradfahren als Lifestyle

Die Motorradkultur hat sich für Küster deutlich verändert: „Heute ist Motorradfahren auch ein Lifestyle-Thema, bei dem man mit teuren Maschinen genussvoll durch schöne Landschaften wie im Bergischen fährt. Dort wird auch nicht so geheizt wie in der Eifel, wo alles von der Nordschleife geprägt ist. Man sollte sich auch mal mehr Zeit nehmen und in einem der schönen Hotels übernachten. Hier kann ich zum Beispiel den Bierenbacher Hof in Nümbrecht oder das Hotel Stremme in Gummersbach empfehlen“, sagt Küster, der entweder mit seiner Africa Twin von Honda oder mit seiner Aprilia Tuareg unterwegs ist.

Das Bergische Land zieht bei schönem Wetter viele auswärtige Motorradfahrer an. Zu den beliebtesten Treffpunkten gehört der Beverdamm in Hückeswagen. ©Roland Keusch

Für den Solinger Motorradhändler Karsten Tell ist im Bergischen oft zu viel auf den Straßen los. „Das gilt besonders für die Wochenenden, aber zum Glück finden sich auch immer wieder kleine Straßen, auf die man ausweichen kann. Da sind dann auch weniger Touristen mit dem Motorrad unterwegs. Insgesamt ist das Fahren im Bergischen etwas gemütlicher geworden“, sagt Karsten Tell, der gerne von Solingen über den Klingenring in Richtung Altenberg und dann weiter ins Oberbergische nach Lindlar fährt.
Bikertreffs sind für ihn sehr wichtig: „Ich mag das Landhaus Fuchs, vor allem weil die Strecke dorthin so schön ist, da kommt man durch hübsche kleine Tälchen.“ Bei den Maschinen liegen nach seiner Erfahrung im Moment vor allem die Reiseenduros im Trend, die sich gut für Ausflüge ins Bergische eignen.

Als Biker bekannt ist der Wermelskirchener Michael Martin, besser bekannt als der „Highlander“. „Ich mag die reizvollen, kleinen, schmalen Strecken direkt vor der Haustür. Heute gibt es mit den Navis und Apps gute Hilfen, um sich auch in unbekannten Gegenden gut zurechtzufinden.
Durch die Klimaveränderung haben wir inzwischen im Bergischen zudem deutlich mehr Sonnentage, die man nutzen kann. Außerdem ist das Bergische Land sehr gut vom Ruhrgebiet und Großstädten wie Köln oder Düsseldorf erreichbar, das macht es so beliebt“, erklärt Martin.

Schwierig findet er, dass es auch im Bergischen immer wieder zu Begegnungen zwischen den schnellen Fahrern mit
sportlichem Gerät und den eher gemütlichen Tourenfahrern kommt
. „Ich bin mit meiner Knatterbüchse eher langsam
unterwegs, extreme Schräglagen sind da nicht angesagt. Stressig wird es, wenn ein anderer regelrecht in die Kurve geflogen kommt. Da muss man sich dann irgendwie arrangieren“, sagt der Wermelskirchener, der mit seiner Harley Springer Softtail Baujahr 1990 oder mit seinem Mokick aus dem Jahr 1979 unterwegs ist.

Zwischenstopp beim Oldtimertreff in Hilgen

„Das sind Raritäten, mit denen man auch mal beim Oldtimertreff in Hilgen vorbeischauen kann. Dort treffen sich dann Auto und Motorradfans mit ihren alten Schätzen, und man kann sich schön austauschen.
Man sollte aber eher am späten Nachmittag dorthin fahren, dann ist es nicht ganz so voll.“
Ansonsten meidet der „Highlander“ Motorradtreffs. „Im Landhaus Fuchs oder an der Bevertalsperre ist es mir einfach zu voll. Ich fahre lieber ganz gemütlich auf kleinen, wenig befahrenen Strecken durch die Gegend und gehe zum Kaffeetrinken dann privat zu Bekannten oder besuche auch mal ein ganz normales Café.”

Der Oldtimertreff in Hilgen ist bei Mofa- und Motorradfahrern beliebt. ©Walter Schubert

Zu den beliebtesten Treffpunkten für Biker im Bergischen zählt seit 1993 das Café Hubraum in Solingen.
„Während der Corona-Zeit mussten wir ziemlich runterfahren. Veranstaltungen wie unsere Biker Days waren
gar nicht möglich. Auch in diesem Jahr sind wir da noch zurückhaltend. Aber trotzdem kommen unsere Gäste am Wochenende und auch unter der Woche wieder in einer großen Zahl. Das sind deutsche Biker genauso wie Besucher aus den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich. Wir haben auch viele Stammtische“, sagt Café-Chef Richard Zöllner, der in diesem Jahr zumindest wieder seine
Benefizaktion „Biker for Kids“ an den Start bringen kann.

„Motorradtreffs sind sehr wichtig. Sie sind gleichermaßen Startpunkte und Ziele bei den Touren. Das Café Hubraum ist da auch ein Tor zum Bergischen Land, und es ist wie in der Kirche friedlich und ruhig. Das liegt daran, dass bei uns Kaffee und Cola statt Alkohol getrunken wird. Alles läuft sehr freundschaftlich ab, man grüßt sich und ist direkt beim Du.
Alle eint ihr gemeinsames Hobby, das Motorradfahren. Da ist es auch ganz egal, welche gesellschaftliche Stellung man hat. Schade ist, dass es kaum Nachwuchs gibt und unsere Gäste immer grauer werden. Früher konnte man nicht schnell genug seine Kreidler unter den Hintern bekommen. Heute bevorzugen die Jungen die Playstation oder fahren mit dem Auto“, sagt Zöllner, der in jungen Jahren mit dem Motorradfahren begonnen hat, aber inzwischen nur noch ganz selten selbst auf die Strecke geht.

Stephan Eppinger – Engelbert Redaktion