Von Hühnermobilen, Milchtankstellen und Straußenfleisch

Immer mehr Menschen wollen wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen.
Im Bergischen gibt es eine Vielzahl von Hofläden – auch mit exotischen Angeboten.

Knut Meinsma ist seit 41 Jahren Landwirt. Die Sicht auf die Landwirtschaft hat sich in dieser Zeit immens gewandelt. „In den 80er- und 90er-Jahren haben die Menschen das Bewusstsein für regionale Produkte etwas verloren. Heute besinnt man sich wieder darauf.“

Milchtankstelle in Solingen Gräfrath bei Bauer Meinsma. ©Christian Beier

In den vergangenen Jahren sei die Nachfrage nach Obst, Gemüse und Fleisch aus der Nachbarschaft wieder gestiegen. Was im März und April auf den Solinger Bauern anrollte, überwältigte aber auch ihn. Der Hofladen an der Lützowstraße in Gräfrath wurde nahezu überlaufen. „Es war wie ein Weihnachtsgeschäft. Die Nachfrage nach dem Lockdown stieg erheblich an“, berichtet Knut Meinsma.

Das mag zum einen daran liegen, dass einige Verbraucher sich wieder darauf besinnen, dass Kartoffeln und Co. auch auf dem Feld nebenan wachsen. Zum anderen wollten viele überfüllte Supermärkte meiden. Ob der Trend anhält, werde sich zeigen, sagt Knut Meinsma. Er konzentriert sich auf die Landwirtschaft und darauf, dass es seinem Vieh gut geht.

Drei Hühnermobile mit frei laufenden Hühnern und rund 70 Rindern nennt er sein Eigen. Das Futter für die Tiere, Mais und Gras, baut Knut Meinsma selbst an. Alle Rinder haben Weidegang, was sich laut Meinsma absolut auf den Geschmack von Milch und Fleisch auswirkt. Milch gibt es beim Gräfrather Bauern aus der Zapfanlage. Fleisch hat Knut Meinsma im Hofladen nicht immer vorrätig.

„Wir vermarkten nur unsere eigenen Rinder“

, sagt der 57-Jährige. So können sich die Kunden der hohen Qualität des Fleisches immer sicher sein. Wann es wieder frisches Rindfleisch zu kaufen gibt, veröffentlicht die Familie Meinsma im Internet. Die begehrten Fleischstücke wie zum Beispiel Filets sollten bestellt werden, da die Nachfrage groß ist.

Dass die Tiere bei Meinsma ein gutes Leben haben, davon können sich die Verbraucher vor Ort selbst überzeugen. „Die Leute können gerne in den Stall gucken. Wir haben keine Geheimnisse“, sagt der Landwirt, der den Familienbetrieb nun in der vierten Generation führt.
Die fünfte steht bereits in den Startlöchern und arbeitet an der Seite des Vaters mit: Marc Meinsma (25) soll den Hof einmal übernehmen und damit auch die 5000 Quadratmeter großen Erdbeerfelder am höchsten Punkt Solingens sowie die Wiesen mit Blumen zum Selbstschneiden und die vielen Tiere. Somit kann die über 100-jährige Betriebsgeschichte weitergehen.

 

Bratwürste aus Ziegenfleisch

Auf dem Hof der Brüder Deppe läuft der Verkauf von Milch, Fleisch und Käse allmählich an. Bratwürste aus Ziegenfleisch auf den Grill zu legen, das ist hierzulande noch nicht so verbreitet. Probieren geht über Studieren, findet Benedikt Deppe, der schon längst auf den Geschmack gekommen ist.

Der Ziegenwirt betreibt gemeinsam mit seinem Bruder Christian den Ziegenhof in Wermelskirchen-Ketzberg. Über 400 Ziegen leben auf dem Hof, der im Umkreis von vielen Kilometern der einzige seiner Art ist. Ziegenhaltung und Vermarktung, das ist für einen bergischen Landwirt noch ein Alleinstellungsmerkmal.

Ursprünglich hat Benedikt Deppe Ziegen für die Landschaftspflege gehalten. Immer dort, wo Brachflächen – meist aus öffentlicher Hand – gepflegt werden müssen, kommen die Ziegen zum Einsatz. Im Gegensatz zu Schafen fressen Ziegen deutlich mehr ab, erläutert Benedikt Deppe. „Unter anderem auch Kräuter, Rinden und Triebe von Gehölzen.“

Die männlichen Ziegen werden von April bis November vermietet. Die weiblichen, nicht trocken gestellten Ziegen bleiben auf dem Hof. 2,5 Liter Milch geben sie täglich.

Was für Allergiker interessant sein dürfte: Ziegenmilch hat eine andere Eiweißzusammensetzung als Kuhmilch und ist damit oftmals besser verdaulich. Die Milchtankstelle ist momentan zwar außer Betrieb, frisch gezapfte Ziegenmilch ist aber auf Nachfrage jederzeit erhältlich.

Außerdem lohnt sich in Ketzberg ein Blick in Gefriertruhe und Kühlschrank der kleinen Verkaufsnische. Diverse Käsevariationen, frisches Fleisch von Ziege und Lamm, Salami und Grillwurst sind dort zu finden. Christian Deppes Favorit: die Pfefferbeißer.

„Geschmacklich liegt Ziegenfleisch zwischen Lamm und Wild. Wir haben auch Lammfleisch zum Vergleich da.“

Die Stammkundschaft weiß das besondere Aroma zu schätzen. Sie fährt teils 30 bis 40 Kilometer, um sich auf dem Ziegenhof Deppe mit frischen Fleisch- und Wurstwaren einzudecken.

 

Likör und Nudeln aus Straußen-Ei

Jenseits des üblichen Sortimentes bewegt sich auch die Straußenfarm Emminghausen. Neben über 200 Straußen leben auch Bisons auf der Farm. Das macht den Hof im nahen Umkreis einzigartig.

Auf der Straußenfarm von Klaus Stöcker werden alle Teile des Tieres verarbeitet. ©Ulrich Abels

Klaus Stöcker, Inhaber der Straußenfarm, kümmert sich vom Schlüpfen bis zur Schlachtung um das Wohlergehen seiner majestätischen Vögel. Interessierte können nach Anmeldung die Farm besichtigen; der Eintritt zum Hofladen ist während der Öffnungszeiten natürlich frei.

Hier treffen die Kunden auf ein breites Sortiment rund ums Federvieh. Klaus Stöcker achtet darauf, dass möglichst alle Teile der Tiere verwendet werden.

Zum Straußenfleisch aus eigener Schlachtung gehören unter anderem Steaks, Filets, Braten und Wurst. Aus den Eiern werden Straußen-Ei Nudeln und Eierlikör hergestellt. Auch die Schalen finden als Lampen oder Dekoration mit aufwendig eingravierten Mustern eine Zweitverwendung. Aus der Haut werden Lederwaren wie Handtaschen und Gürtel gefertigt. Die Federn bilden beispielsweise die Grundlage für Staubwedel. Selbst das Fett der Tiere wird nicht etwa entsorgt. Daraus lässt Klaus Stöcker Seifen, Cremes und Lippenpflege herstellen.

Jennifer Preuß – ENGELBERT echt.lecker – Herbst 2020
Beitragsbild: ©Christian Beier