Ein Gemälde auf dem Teller

Das Haaner EssensArt ist längst kein Geheimtipp mehr. Auch der Michelin-Guide ist auf das Fine-Dining-Restaurant aufmerksam geworden. Gekocht wird aber nicht für Auszeichnungen, sondern für die Gäste.

Es duftet. In der Küche bereiten Küchenchef Jens Lommel und Sous Chef Moritz Mehring schon den Abend vor. Sie sind bester Laune, ihr Lachen klingt durch den Gastraum. Die schmale weiße Holztür im Restaurant steht weit offen, die frisch gespülten Weingläser fangen auf der Theke die Sonnenstrahlen ein. Wer an diesem Nachmittag die wenigen Stufen zur gemütlichen Terrasse in Haan hinuntersteigt, der betritt eine andere Welt. „Als ich hier zum ersten Mal reingekommen bin, fühlte sich das an, als käme ich nach Hause“, erzählt Nicoleta Spyrou, die gerade einen Tisch eindeckt. Die Inhaberin des Restaurants EssensArt erinnert sich genau an jenen Moment, in dem sie dem Drängen ihrer
Mutter nachgab und für die Stelle der Aushilfe in dem kleinen, aber ausgesprochen feinen Restaurant in Haan vorsprach. „Ich wollte das eigentlich nicht“, sagt die heute 41-Jährige.

Sie hatte damals gerade die Ausbildung in der Hotelgastronomie erfolgreich beendet und spielte mit dem
Gedanken, Ernährungswissenschaften zu studieren. Doch weil ihre Mutter das besondere Restaurant gleich in der Nachbarschaft so gerne besuchte, empfahl sie der Tochter, in der Zwischenzeit doch mal im EssensArt vorbeizuschauen. „Ich habe mich direkt verliebt und bin nie wieder weg“, sagt Nicoleta Spyrou heute. Sie hat inzwischen auf der grünen Terrasse in einem der gemütlichen großzügigen Holzstühle Platz genommen, und es ist,
als würde sie dieses Gefühl ihrer ersten Ankunft heraufbeschwören können. „Ich kann gar nicht genau sagen, was es war: Aber in diesem Moment kam ich an“, erzählt sie.
Und genau dieses Gefühl wünscht sie heute ihren Gästen. Die Rückmeldung ist eindeutig: Wer einmal im EssensArt speisen war, der weiß, wovon die Inhaberin spricht. Fürs Erste blieb Nicoleta Spyrou damals aber hinter der Theke: Sie bewunderte Ilona Ridders für ihre Restaurantführung, ihren Stil und ihre Präsenz im Gastraum. „Sie schwebte durch ihr Restaurant“, erzählt Nicoleta Spyrou.

Küchenchef ist seit 20 Jahren dabei

Küchenchef Jens Lommel (l.) und Sous Chef Moritz Mehring ©Christian Beier

Inzwischen liegt der Tag fast genau 13 Jahre zurück, an dem Nicoleta Spyrou das Restaurant übernahm. „Wir sind
vielem treu geblieben, anderes haben wir nach unserem eigenen Stil angepasst“, erklärt sie. Das betraf das Farbkonzept, die Möbel und die Karte – und vor allem die Küche. Küchenchef Jens Lommel kocht seit mehr als 20 Jahren im EssensArt, inzwischen erhält er Unterstützung von Sous Chef Moritz Mehring. Und die beiden haben sich einen Namen gemacht – in der Fine-Dinging-Szene und bei Gästen, die bereit sind, für gutes und besonderes Essen auch etwas mehr Geld auszugeben. Sie haben Preise und Auszeichnungen erhalten, der Michelin Guide hat sie erwähnt. „Aber am Ende ist für uns nur entscheidend, den Gästen einen schönen Abend und ein besonderes Menü zu zaubern“, sagt Nicoleta Spyrou. Deswegen habe sie damals die Küche gepusht.

Sie habe in vielen anderen Restaurants gegessen, Ideen mitgebracht, einen eigenen Stil entwickelt. Wie sie den beschreiben würde? „Keine Effekthascherei“, antwortet stattdessen der Küchenchef selbst, „gute, regionale Produkte. Kein Convenience Food. Und auf den Punkt gewürzt“, sagt er. Sous Chef Moritz Mehring ergänzt: „Alles auf dem Teller hat einen Sinn.“ Und das schmecke man, bescheinigt ihnen die Inhaberin. Sie könne aus zehn verschiedenen Küchen die Speisen ihres Küchenchefs herausschmecken. „Das ist die Liebe, mit der hier gekocht wird“, ist sie sich sicher.

Kunstvoll angerichtet

Für den Gast präsentiert sich diese gehobene Küche als Gemälde auf großen Tellern. Das gilt für das Schaumsüppchen von Kohlrabi und Vanille genauso wie für den kurz gebratenen Thunfisch mit Sauce Chien. Shabu Shabu vom Rinderfilet wird genauso kunstvoll serviert wie der Steinbeißer mit Roter Bete. Und auch für die Desserts legen sich die Köche richtig ins Zeug. Fast 90 Prozent der Besucher entscheiden sich dann abends für das Menü – mit vier oder sechs Gängen und guten Weinen. Sie bleiben dann ein paar Stunden. „Wellness. Ein kleiner Urlaub“, sagt die Inhaberin. Aber es werde auch keiner schief angeguckt, der nur ein Stündchen auf ein Glas Wein oder einen Hauptgang bleibt. Seit Oktober lädt das Restaurant sonntags zum lockeren Brunch. Ohnehin: „Ich konnte diese Restaurants nie leiden, in denen man Speisen voller Emotionen serviert bekam, die Gefühle aber nicht zeigen durfte“, sagt Nicoleta Spyrou Das sei im EssensArt anders: Hier darf gelacht und geseufzt werden, geplaudert und geträumt. Und dabei sprechen die Besucher das Team immer mal wieder auf einen möglichen Stern an. „Aber wir kochen nicht für Auszeichnungen, wir kochen für die Gäste“, sagt die Inhaberin. Natürlich würde sie sich über einen Stern für ihre engagierten Köche freuen. „Aber so etwas verändert weder das Essen noch den Menschen“, ist sie sicher. Und deswegen kochen Küchenchef Jens Lommel und Sous Chef Moritz Mehring weiterhin mit Leidenschaft – für den Gast und für den Gaumen.

ENGELBERT Redaktion – Theresa Demski