Genussvolle Langsamkeit

Die Liebe der Slow Riders gilt eindeutig den Zweitaktmotoren mit 1,5 PS. Regelmäßig treffen sich die Freunde alter Mofas zu gemeinsamen Touren. Im Juni geht es von Wermelskirchen in die Niederlande. Die 120 Kilometer will die Mofa-Gang in achteinhalb Stunden bewältigen.

Der Fuchsschwanz baumelt am Lenker, auf dem Beinschild kleben unzählige Sticker, und im Dosenhalter steckt ein Heineken-Bier. „Das ist aber schon seit 2019 abgelaufen“, sagt der Besitzer und lacht.
Vorbildlich aufgereiht stehen die Original-Mofas aus den 1970er- bis 1990er Jahren im Garten von Ole
Clouth, dem Präsidenten des Wermelskirchener Mofa-Clubs Slow Riders.

Der Name ist hier Programm. „Die Langsamkeit ist das Besondere an uns, denn wir haben an den Zweirädern
nichts verändert“, betont der 45-Jährige.
Regelmäßig geht es auf Tour durchs Bergische Land. Einmal im Jahr fahren die Club-Mitglieder mit ihren Liebhaberstücken ins holländische Roermond, wobei die Strecke von rund 120 Kilometern mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern zurückgelegt wird.
Die Kolonne wird dabei immer von dem langsamsten Fahrer angeführt. „Was hinter uns passiert, ist eigentlich egal“, sind sich die Club-Mitglieder einig.

Ihre Fahrzeuge sind weder besonders laut noch schnell. Und dennoch erregen die Slow Riders überall große Aufmerksamkeit. „Im vorigen Jahr sind wir nach Köln bis auf die Domplatte gefahren“, berichtet Ole Clouth. Die Polizei hätte nur komisch geguckt, die Passanten aber hätten reihenweise ihre Handys gezückt und Fotos von den Mofas und ihren Fahrern gemacht.

Nur die Vokuhila-Frisur fehlt

Die stolzen Besitzer der nicht mehr hergestellten Zweiräder passen sich ihren Gefährten an. Sie tragen Jeanswesten
im Stil der 1980er-Jahre mit aufgenähten Patches, einen Gamsschädel und den Schriftzug „Slow Riders Wermelskirchen“, die Ehefrau und „First Lady“ Nadja Clouth genäht hat.
„Sich noch eine Vokuhila-Frisur und einen Oberlippenbart wachsen zu lassen, ging einigen dann doch zu weit“, verrät
der Präsident schmunzelnd.

Entstanden ist der Mofa-Club eigentlich nur durch ein Missverständnis. Für Sohn Finn wollte Ole Clouth einen fahrbaren Untersatz besorgen und beschaffte eine kultige Hercules aus dem Jahr 1983.
Über das altbackene Gefährt war der Sohn jedoch total entsetzt, sind doch heutzutage eher moderne Mofa-Roller angesagt. Das gewünschte Roller-Modell kam – die Hercules blieb, und Ole Clouth fand im Bekanntenkreis Freunde
für gemeinsame Mofa-Touren.

Das Gartenhaus ihres Präsidenten wurde kurzerhand zum Vereinshaus erklärt. Mitglied werden in der coolen Mofa Gang kann allerdings nicht jeder. „Es muss vor allem menschlich passen“, sagt der Club-Präsident.
Finn Clouth hat mittlerweile ebenso Gefallen an den alten Mofas gefunden. In der elterlichen Garage gibt es eine
beachtliche Auswahl an Mofas der Marken Tomos, Mobylette, KTM sowie ein Mofa von Miele aus dem Jahr 1958.

Die Modelle „Hercules Prima“, die es mit Automatik und in der Schaltversion, mit Rahmen- oder externem Tank gibt, sind bei den „Slow Riders“ aber nach wie vor in der Überzahl. Das Gute daran ist, dass bei einer Panne die Ersatzteile unter den verschiedenen Modellen ausgetauscht werden können.

Mit maximal 25 km/h nach Roermond

Die Liebe zu den nicht mehr hergestellten Mofas, die den Geruch von Zweitaktbenzin verströmen, vereint bei den
Slow-Riders mittlerweile Generationen. Der jüngste Fahrer ist 19, der älteste 67 Jahre. Die „alten Hasen“ im
Club führen zum Teil noch eine Mofa-Bescheinigung mit ihrem Jugendbild mit sich.

Gemeinsam wird bereits die nächste Holland-Tour geplant, die am 16. Juni starten soll. Nach erfolgreicher Anreise werden die Club-Mitglieder aus Wermelskirchen ein paar Tage auf dem Campingplatz in Roermond verbringen.
Sven Katerndahl hat sich bereiterklärt, auf der Tour den Versorgungswagen zu steuern.
„Ich lasse die Gruppe immer vorfahren. Alle Ausfälle kann ich dann ein sammeln“, kündigt er an.

Ebenso ist er dafür zuständig, den Zeltplatz zu sichern sowie Mannschaftszelt, Feldbetten und Bierzeltgarnituren aufzubauen. Das eigene Mofa reist im Anhänger mit. „Einmal hatte ich mein Fahrrad dabei, damit war ich den Jungs bei Fahrten vor Ort aber zu schnell“, erzählt der 53-Jährige und lacht.

Viele schöne Situationen hat die Mofa-Gang bereits auf ihren Fahrten erlebt. Beim Übersetzen mit der Rheinfähre beispielsweise mussten Motorradfahrer-Tickets gekauft werden, da es keine Preiskategorie für Mofas gab. „Wir sind damit praktisch aufgestiegen“, betont Ole Clouth.

Die gestiegenen Spritpreise macht der Moped-Gang keine ernsthaften Sorgen.
Bei 1,5 Liter für 100 Kilometer reiche es aus, auf ein Bier zu verzichten, um die Mehrkosten wieder raus zu haben. Lange Anstiege sind jedoch immer eine Herausforderung für die Zweitakter und ihre Fahrer. „Am Berg trennt sich die Spreu vom Weizen“, witzeln die Club-Mitglieder.

Vor jeder längeren Tour werden die Mofas gründlich durchgecheckt. Hier fungiert Ole Clouth dank seiner Affinität zur
Technik als Hauptschrauber. „Wenn wir selber dran waren, wird es meistens kritisch“, geben die Club-Gefährten zu, die
sich schon sehr auf die nächste große Mofa-Tour freuen.
„Wenn auf der Strecke nach Roermond Stau ist, dann sind wir das“, kündigen die Mofa-Freunde scherzhaft an.

Heike Karsten – ENGELBERT Redaktion